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Politik

Grüne wollen Homo-Ehe-Gesetz erzwingen

Heiner Kiesel
18. Mai 2017

Weil die SPD den Ärger mit der Union scheut, kommt ein Gesetzentwurf über die Aufwertung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht zur Abstimmung. Jetzt soll das Bundesverfassungsgericht den Weg öffnen.

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BdT Bayerns erstes Schwulenpaar feiert 15. Hochzeitstag
Seit 16 Jahren sind eingetragene Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare möglichBild: picture-alliance/dpa/S. Puchner

Es ist ein ellenhoher Aktenstapel, den der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck persönlich in das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe getragen hat. Er hat eine Organklage eingereicht, die dafür sorgen soll, dass es mit den Gesetzesvorhaben zur Homo-Ehe endlich weiter geht. Beck und seine Fraktion wollen über das oberste Gericht erzwingen, dass die Gesetzentwürfe zur Abschaffung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare auf die Tagesordnung des Bundestages kommen. "Im Grundgesetz steht klipp und klar: Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluss zu fassen", sagt Beck entschieden. Er ist überzeugt davon, dass  eine Mehrheit der Bundesbürger die "Ehe für alle" unterstützt.

Volker Beck
Volker Beck wirft den Regierungsparteien einen Missbrauch ihrer Mehrheit vorBild: picture alliance/dpa/J.Carstens

Der Gesetzentwurf, um den es den Grünen geht, ist als Drucksache 18/5098 bereits im Oktober 2015 eingebracht worden. Diese Fassung ist fast gleichlautend verfasst wie ein Gesetzentwurf der Linken-Fraktion von 2013. Darin wird eine "symbolische Diskriminierung" von homosexuellen Partnerschaften kritisiert und eine Benachteiligung insbesondere bei der Adoption. Als Lösung schlagen die Oppositionsparteien eine Ergänzung im Bürgerlichen Gesetzbuch vor (§1353 BGB), die klar stellt, "dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen können." In die gleiche Richtung geht eine Gesetzesinitiative des Bundesratesvon 2013. Jetzt wird die Zeit knapp - Ende Juni wird der Bundestag zum letzten Mal vor Ende der Legislaturperiode zusammentreten. Geschieht nichts, wird alles wieder bei Null anfangen müssen.

Neue Wege im Kampf für die Homo-Ehe

Die Mitglieder der Grünen-Fraktion ärgern sich darüber, dass es einfach zu keiner Beratung des Gesetzesvorhabens im Rechtsausschuss und letztlich damit auch nicht zu einer Abstimmung im Bundestag kommt. "Die ältesten Anträge zu dem Thema sind schon 27 Mal vertagt worden, das ist inzwischen fast schon ein Ritual im Rechtsausschuss", sagt Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin der Grünen. Es sei ein "Novum", eine solche Blockade vor das Bundesverfassungsgericht zu tragen. Zuvor habe man auch noch versucht, über den § 80 der Geschäftsordnung des Bundestages den Gesetzentwurf direkt einzubringen, "aber dafür ist eine Zweidrittelmehrheit nötig".

Katja Keul Bündnis 90 Die Grünen
Eine Legislaturperiode lang gewartet: Grünen-Abgeordnete Katja KeulBild: Bündnis 90/ DIE GRÜNEN

Nicht besonders gut stehen die Vertreter der SPD im Rechtsausschuss da. Sie haben die Blockade der Gesetzesvorhaben über vier Jahre mitgetragen, sind aber eigentlich inhaltlich auf derselben Linie wie die Grünen. Die erste parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, sagt das ganz klar: "Die SPD-Bundestagsfraktion befürwortet ohne Wenn und Aber die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare." Die SPD will sogar selbst noch einen entsprechenden Gesetzentwurf drauflegen. Nur: Gegen den Regierungspartner Union will man im Ausschuss nicht stimmen. Ein bisschen Kritik geht dennoch. "Leider blockiert die Union aus ideologischen Gründen immer noch die Umsetzung dieses Vorhabens, obwohl sich auch viele Unionsabgeordnete hierzu bekannt haben", sagt Lamprecht.

Augen zu und durch bei der Union

Die Union bewegt sich bei der Homo-Ehe in Grenzbereichen zur Absurdität, so etwa die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker. Ihr zufolge stehe es dem Gesetzgeber gar nicht zu, bei dem Begriff Ehe neue Definitionen zu versuchen. "Der wesentliche Einwand ist, dass die Ehe kein staatlicher Begriff ist, sondern es ist ein seit langer Zeit kulturell und religiös vorgeprägter Begriff, der uns in diesem Sinne überhaupt nicht gehört", sagt die Abgeordnete.

Ihre Fraktionskollegin Sabine Sütterlin-Waack tritt für eine volle rechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen ein, aber auf keinen Fall will sie beides als Ehen bezeichnet wissen. Aber es gibt auch die fundamentale Ablehnung wie bei Barbara Woltmann: "Die heterosexuelle ist eben nicht mit der gleichgeschlechtlichen Ehe vergleichbar, da zwei Männer oder zwei Frauen keine Kinder zeugen und gebären können."

Angela Merkel
Bundeskanzlerin Merkel ist sich "unsicher", ob Schwule und Lesben so richtig gut für Kinder sorgen könnenBild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

Das Thema ist für die Politiker der CDU und CSU ziemlich heikel. Viele in den konservativen Schwesterparteien erachten das traditionelle Eheverständnis als Teil des Markenkerns. Die Bundeskanzlerin selbst scheint wenig von der Gleichbehandlung zu halten. Gelegentlich äußert sie sich auch schon einmal "unsicher" darüber, ob homosexuelle Paare genauso gut wie heterosexuelle für Kinder sorgen können. Unions-Fraktionschef Volker Kauder setzt auf Aussitzen: Er möchte das Thema vor der Wahl nicht mehr anpacken.