Ebola-Epidemie beunruhigt westafrikanische Großstädte
1. August 2014Lagos: Afrikas größte Stadt, eine Megacity mit mehr als 20 Millionen Einwohnern, die Wirtschaftsmetropole Westafrikas. Die Menschen hier sind gewohnt an Staus, Lärm und sogar an die Gefahr des Terrors durch die islamistische Sekte Boko Haram. "Jetzt könnte man aber schon in Panik geraten", sagt Chris Obiake, Jurist und einer von unzähligen Passanten auf den Straßen von Lagos. Wenn er sich umschaut, sieht er an den Zeitungsständen Schlagzeilen, die immer neue Ebola-Fälle vermelden. Er sei wirklich besorgt angesichts der Epidemie, die sich über West-Afrika ausbreite, so Obiake gegenüber einem Reuters-Reporter. "Und dann kommt noch der Streik der Ärzte dazu."
Seit Anfang Juli streiken viele Ärzte in den öffentlichen Krankenhäusern. Das trägt nicht zur Beruhigung bei in der Stadt, die vergangene Woche ihren ersten Ebola-Fall erlebte. Ein Mann, per Flugzeug aus Liberia eingereist, starb in einer Privatklinik - an der Seuche, die hochansteckend ist, bis zu drei Wochen nach der Infektion keine Symptome zeigt, und auch noch schwer zu diagnostizieren ist. Neun von zehn Infizierten sterben, denn es gibt kein Medikament dagegen. Eine tödliche Mischung für eine Millionenstadt?
Alles unter Kontrolle?
Nein, man habe die Lage unter Kontrolle, sagt Professor Sunday Omilabu, Virologe an der Universitätsklinik von Lagos. "Wir beobachten alle Menschen, mit denen der Verstorbene in Kontakt war, im Flugzeug, am Flughafen und im Krankenhaus, in dem er behandelt wurde." 69 Personen habe man identifiziert. Gemeinsam mit einem weiteren Labor ist Omilabus Team dafür zuständig, ihren Zustand zu überwachen. Zwei Personen mussten wegen Verdacht auf Ansteckung bereits auf die Isolier-Stationen gebracht werden.
Da sich Ebola nicht - wie etwa Grippe - über die Luft verbreitet, ist die Ansteckungsgefahr geringer. Infektionen sind nur durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten wie Blut oder Schweiß möglich. Aber was würde passieren, wenn nicht ein oder zwei Menschen erkranken, sondern Tausende?
Notfallplan der WHO
„Das Gesundheitsministerium hat bereits Gebäude bestimmt, in denen Infizierte isoliert untergebracht werden könnten", sagt Omilabu. "Wir wollen nichts dem Zufall überlassen." In seinem Team arbeiten nun zwei Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO aus Genf mit. Die WHO hat angekündigt, mehrere hundert Mediziner im Rahmen eines neuen Nothilfeplans nach Westafrika zu entsenden. Insgesamt 100 Millionen US-Dollar sollen im Kampf gegen die Seuche eingesetzt werden.
Die Anstrengungen dürften sich jedoch zunächst auf Guinea, Sierra Leone und Liberia konzentrieren. In diesen Ländern hat das Virus bislang am schlimmsten gewütet. Für diese Länder liegen Reisewarnungen der Behörden aus Frankreich, den USA und Deutschland vor. Nigeria steht bislang nicht auf der Gefahrenliste.
Hilfe aus Hamburg
Bis Hilfsgüter der WHO in Lagos eintreffen, könnte noch einige Zeit vergehen. Omilabu hofft insbesondere auf Schutzanzüge für Ärzte und Pfleger. Daran fehle es momentan. Zudem benötige er dringend Material für Labor-Tests zur Erkennung der Krankheit. Hier setzt der Mediziner zunächst auf seine Kontakte zum Tropen-Institut in Hamburg. Die Kollegen dort hätten eine Charge mit Labor-Test in die Luftfracht gegeben, heute werde das Paket bei ihm ankommen. Nächste Woche erwarte er eine weitere Charge, so Omilabu - und bis dahin werde es hoffentlich keine neuen Ebola-Fälle in Lagos geben.