Großeinsatz der Polizei in Brüssel
9. April 2016Rund 50 Polizisten, Bombenentschärfer und andere Spezialkräfte waren bei der Aktion am Samstagvormittag im Einsatz. Die Bewohner mehrerer benachbarter Gebäude waren laut Fernsehberichten vorher in Sicherheit gebracht worden. Wie Korrespondenten berichten, wurde niemand festgenommen. Ob die Aktion in Verbindung zu den Anti-Terror-Ermittlungen nach den Anschlägen von Brüssel und Paris steht, ist noch unklar.
Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, war bei dem Polizeieinsatz vom Freitagabend ein sechster Verdächtiger festgenommen worden. Einzelheiten zu dem Mann teilte die Behörde allerdings nicht mit. Wie der Sender VRT und die Zeitung "De Standard" berichten, soll es sich um einen Mann handeln, der vergangenes Jahr wegen Mitgliedschaft in der Islamisten-Organisation "Sharia4Belgium" zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war. Er sei aber vorzeitig freigekommen.
Zunächst war von fünf Festgenommenen bei der Aktion im Brüsseler Stadtteil Anderlecht die Rede. Einer von ihnen ist Mohamed Abrini, der als einer der letzten verbliebenen Hauptverdächtigen der Anschläge von Paris im November gilt.
Wie ist Abrini in die Terroranschläge verwickelt?
Die Ermittler prüfen, ob der marokkanischstämmige Belgier auch bei den Brüsseler Anschlägen vor zwei Wochen eine Rolle spielte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, man wolle herausfinden, ob es sich bei Abrini um den gesuchten "Mann mit Hut" handelt, der die beiden Selbstmordattentäter am Brüsseler Flughafen Zaventem begleitete.
Abrini ist ein Kumpel Salah Abdeslams und wurde wie dieser seit den Paris-Anschlägen am 13. November in ganz Europa fieberhaft gesucht. Dass der 31-Jährige bei den Paris-Attacken eine wichtige Rolle spielte, scheint klar zu sein. Offen ist, wie er in die Anschläge verstrickt ist.
Jugendfreund von Salah Abdeslam
Seine Fingerabdrücke waren in der Wohnung gefunden, von der die Attentäter zum Flughafen gefahren waren. Er wuchs im Brüsseler Brennpunktviertel Molenbeek in Nachbarschaft der Familie Abdeslam auf. Mohamed und Salah seien Freunde von Jugend an gewesen, berichtete Mohameds Mutter der Nachrichtenagentur AFP im November.
Mit 18 Jahren brach er seine Schweißerausbildung ab und geriet auf die schiefe Bahn. Wegen Drogen- und Diebstahldelikten saß er mehrfach hinter Gittern. Sein Spitzname lautet Brioche, weil er in einer Bäckerei arbeitete. Im vergangenen Jahr soll er sich nach Syrien begeben haben, sein jüngerer Bruder Souleimane kam dort ums Leben. Laut den Ermittlern gehörte er in Syrien derselben Gruppe an wie Abdelhamid Abaaoud, einer der Organisatoren und Täter der Pariser Terrornacht, der sich selbst in die Luft sprengte.
Wohnung für die Attentäter gemietet?
Zwei Tage vor den Paris-Anschlägen, am 11. November, fuhr Abrini gemeinsam mit Salah Abdeslam in einem schwarzen Renault Clio von Brüssel nach Paris. Die Überwachungskamera einer Tankstelle in Ressons filmte die beiden. Am Tag darauf wurden beide in Brüssel gesehen - wo sie Salahs Bruder Brahim trafen und mit dem Seat Leon unterwegs waren, mit dem die Attentäter am nächsten Tag zu den Straßencafés in Paris fuhren. Gemeinsam mit Salah soll Abrini auch die Wohnungen für die Attentäter in Alfortville nahe Paris gemietet haben.
Die beiden bleiben offenbar in Kontakt. So fanden Ermittler in der Brüsseler Wohnung, in der sich Salah bis zu seiner Festnahme versteckte, Mohameds Spuren. Salah Abdeslam soll bald von Belgien an Frankreich ausgeliefert werden. Auch Abrini stand auf der französischen Fahndungsliste.
uh/djo (dpa,afp,rtr)