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Wasserhähne made in Japan

Anneli Palmen (Reuters)26. September 2013

Europas größter Badarmaturen-Hersteller wird japanisch und geht für drei Milliarden Euro an den Konkurrenten Lixil aus Tokio. Zusammen steigen Lixil und Grohe damit zum Weltmarktführer.

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Der Schriftzug Grohe steht am Donnerstag (05.07.2012) in Düsseldorf vor der Zentrale des Unternehmens. Der Hersteller von Sanitärarmaturen stellt am Donnerstag seine Bilanz vor. vor. Foto: Daniel Naupold dpa/lnw
Bild: picture-alliance/dpa

Mit dem Verkauf ist nach monatelanger Brautschau eine Rückkehr des ehemaligen MDax-Unternehmens an die Börse vom Tisch - die Eigentümer von Grohe, die Finanzinvestoren TPG und Credit Suisse Private Equity, hatten den Verkaufsprozess parallel zu Plänen für einen Börsengang vorangetrieben. Die beiden Eigner können durch den Verkauf des Unternehmens mit weltweit gut 9000 Mitarbeitern ihren Einsatz verdoppeln. 2004 hatten sie Grohe für 1,5 Milliarden Euro vom Finanzinvestor BC Partners übernommen.

Danach fanden sie sich inmitten einer heftigen Debatte über die Praktiken von Finanzinvestoren wieder: Sie hatten Grohe einen Sparkurs verordnet, der den SPD-Politiker Franz Müntefering im April 2005 zu seinem berühmt gewordenen "Heuschrecken"-Vergleich inspirierte: "Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten - sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter." Heute allerdings gilt Grohe als ein Musterbeispiel für einen gelungenen Konzernumbau unter Führung von Finanzinvestoren.

Neue Nummer eins im Bad

Mit einem Firmenwert von rund drei Milliarden Euro inklusive Schulden ist die Übernahme die größte Investition eines japanischen Unternehmens in Deutschland. Käufer der 87,5 Prozent, die TPG und Credit Suisse halten, ist neben Lixil die Development Bank of Japan (DBJ). Die Übernahme werde voraussichtlich im ersten Quartal 2014 über die Bühne gehen, teilte Grohe am Donnerstag (26.09.2013) mit. Einwände der Kartellbehörden erwarten die Firmen nicht.

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering Foto:dpa
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz MünteferingBild: picture-alliance/dpa

Den Börsengang des Unternehmens aus dem sauerländischen Hemer hatten die Finanzinvestoren parallel zum Verkauf vorangetrieben - auf diese Weise versuchen Beteiligungsgesellschaften oft, den Preis für ein Unternehmen zu steigern, von dem sie sich trennen wollen. In den vergangenen Jahren hatten sie aber häufig einen Direktverkauf favorisiert, weil er mehr uns sicherere Erlöse bringt als ein Börsengang.

Lixil setzt auf Kontinuität

Bei der Zusammensetzung der Unternehmensleitung setzt Lixil auf Kontinuität: Firmenchef David Haines - seit 2004 an Bord - habe einen neuen Vertrag mit einer fünf-jährigen Laufzeit unterzeichnet. Der ist begeistert von den neuen Eigentümern: "Lixil ist für Grohe und Joyou der perfekte Partner". Die Firma sei weltweit führend in der Baustoffindustrie und Wohngebäudeausstattung. Gerade für Joyou werde diese neue Partnerschaft besonders viele Vorteile bringen. Zudem könne die Marke Grohe so im asiatischen Raum besser Fuß fassen. Auch DZ-Bank-Analyst Thomas Maul sieht Potenzial und empfiehlt daher Anlegern bei Joyou einzusteigen.

Lixil und die DBJ werden Grohe über ein Joint Venture übernehmen, an dem sie jeweils 50 Prozent der Stimmrechte erhalten. "Die gemeinsame Akquisitionsstruktur ermöglicht es Lixil, seine strategischen Möglichkeiten zu nutzen und gleichzeitig eine solide Bilanzstruktur zu wahren", erklärte Lixil-Chef Yoshiaki Fujimori. Lixil bleibe finanziell flexibel für weitere Investitionen.

Hauptumsatz im Ausland

Grohe - bekannt für seine Luxusarmaturen - beschäftigt weltweit rund 9000 Mitarbeiter, davon rund 3400 bei Joyou. 2012 setzte die Gruppe rund 1,405 Milliarden Euro um, davon nur noch 15 Prozent auf dem Heimatmarkt. Grohe fertigt seine Armaturen an neun eigenen Produktionsstandorten, sechs davon befinden sich im Ausland - in Portugal, Thailand und Kanada und drei in China.

Grohe geht zurück auf die 1911 gegründete Kleineisenfabrik Berkenhoff & Paschedag. 1936 erwarb sie Friedrich Grohe und baute die Firma durch Zukäufe in den kommenden Jahrzehnten zu einem international renommierten Bad-Ausrüster aus. In den 90er Jahren wurde Grohe Aktiengesellschaft und notierte an der Börse. Grohe ist nicht identisch mit dem ebenfalls in der Badausstattung tätigen Unternehmen Hansgrohe, das von Friedrich Grohes Vater gegründet wurde. Lixil ist Japans größtes Wohnbau- und Baustoffunternehmen und erwirtschaftetet weltweit mit knapp 46.000 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp elf Milliarden Euro.

Gute Erfahrungen mit Japanern

Partnerschaften mit japanischen Unternehmen haben sich für deutsche Firmen zuletzt ausgezahlt. So profitiert etwa der Werkzeugmaschinenbauer Gildemeister von seiner Verflechtung mit dem Konkurrenten Mori Seiki, der ihm in Asien - speziell in China - die Türen öffnete. Der japanische Finanzinvestor Mitsubishi sorgt beim Netzbetreiber Tennet mit einer halben Milliarde Euro beim schleppenden Windkraftausbau in der Nordsee für Rückenwind.