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Griechisches Parlament verabschiedet Sparpaket

29. Juni 2011

Mit knapper Mehrheit hat das griechische Parlament das Sparpaket der Regierung gebilligt. Begleitet von Straßenschlachten wurde damit eine wichtige Weiche gestellt für Finanzhilfen der EU und des IWF.

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Beifall in den Rehen der Regierung (Foto: dapd)
Erleichterung bei der Regierungspartei im griechischen ParlamentBild: picture alliance/dpa

Der finanzielle Zusammenbruch Griechenlands ist vorerst abgewendet. Das griechische Parlament nahm am Mittwoch (29.06.2011) das Sparpaket von Ministerpräsident Giorgos Papandreou mit knapper Mehrheit an. 155 der 300 Abgeordneten stimmten für das Paket, das neben Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen von etwa 28 Milliarden Euro auch umfangreiche Privatisierungen im Umfang von rund 50 Milliarden Euro vorsieht.

Zwei Abweichler

Papandreou (Foto: dapd)
Ministerpräsident Papandreou warnte vor einer Ablehnung des SparpaketsBild: dapd

Politiker sowohl der Regierung als auch der Opposition hielten sich nicht an die jeweiligen Parteilinien. Wenigstens ein Abgeordneter der regierenden Sozialisten stimmte gegen das Vorhaben, ein Abgeordneter der Opposition votierte mit "Ja". Insgesamt 138 Abgeordnete votierten dagegen, fünf enthielten sich und zwei nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Der sozialistische Regierungschef Papandreou verfügt im Parlament rechnerisch über eine Mehrheit von fünf Sitzen.

Vor der Abstimmung hatte er sich nochmals eindringlich an die Abgeordneten gewandt. Er forderte, der finanzielle Zusammenbruch Griechenlands müsse um jeden Preis verhindert werden. Die schmerzhaften Leistungskürzungen, Steuererhöhungen und Privatisierungen seien Voraussetzung für weitere notwendige Milliarden-Hilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF). Er forderte die Opposition nochmals auf, angesichts der dramatischen Situation die Zustimmung zum Sparpaket nicht zu verweigern.

In Berlin zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Ergebnis des Parlamentsvotums erleichtert. Sie sprach von "einer wirklich gute Nachricht". Es sein ein wichtiger Schritt einerseits für die Zukunft Griechenlands, andererseits auch für die Stabilität des Euro. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärten, das hoch verschuldete Land sei "vom Abgrund zurückgerissen worden". Nötig sei nun noch ein "Ja" der Abgeordneten zu dem Ausführungsgesetz des Sparprogramms am Donnerstag. Die EU-Finanzminister könnten dann am kommenden Sonntag die zweite Hilfstranche von zwölf Milliarden Euro für Griechenland freigeben, der IWF dürfte am 5. Juli folgen.

Polizisten, Rauch, Parlamentsbebäude (Foto: AP)
Die Polizei sichert das Parlamentsgebäude in AthenBild: AP

Es geht um "Stabilität der Weltwirtschaft"

Auch Griechenlands Zentralbankchef Giorgos Provopoulos hatte in der Presse die Abgeordneten eindringlich aufgefordert, das Sparpaket anzunehmen. "Es wäre ein Verbrechen, wenn das Parlament dagegen stimmen würde. Das Land würde damit seinen Selbstmord besiegeln", sagte Provopoulos der "Financial Times".

Die neugewählte IWF-Chefin Christine Lagarde hatte die griechische Opposition zum Schulterschluss mit der Regierung aufgerufen. "Es geht um das Schicksal des Landes", sagte Lagarde. Die Situation sei nicht mit der Lage in anderen Krisenländern wie Portugal oder Irland vergleichbar. Auch die EU hatte nochmals eindringlich vor einer drohenden Katastrophe gewarnt. Der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy erklärte vor dem Europaparlament, es gehe um die "Stabilität der gesamten Weltwirtschaft".

Konkret geht es um die Auszahlung von weiteren zwölf Milliarden Euro an Notkrediten. Nach griechischen Angaben braucht das Land das Geld bis Mitte Juli. Andernfalls kann es seine Schulden nicht mehr bedienen.

Proteste und Tränengas

Demonstranten, Polizisten, Rauch (Foto: dapd)
Ausschreitungen im Zentrum AthensBild: dapd

Begleitet wurden die Debatte und die Abstimmung von neuen Protesten und Ausschreitungen militanter Gegner des Sparprogramms vor dem Parlamentsgebäude in Athen. Etwa 30 mit Schlagstöcken bewaffnete Randalierer versuchten, in das nahe gelegenen Finanzministerium vorzudringen. Sie wurden von der Polizei zurückgedrängt.

Während der Parlamentsdebatte lieferten sich etwa 200 Demonstranten vor dem Gebäude Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten gingen mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Demonstranten vor. Die Gegner argumentierten, die Regierung sei schon mit ihrem ersten Sparprogramm gescheitert. Das neue Vorhaben werde die Lage des Landes noch weiter verschlimmern.

Am Abend verschärften sich die gewalttätigen Proteste. Rund um den Syntagmaplatz im Stadtzentrum der griechischen Hauptstadt lieferten sich hunderte Randalierer Straßenschlachten mit der Polizei. Sie schleuderten Steine und andere Wurfgeschosse auf die Beamten und warfen Molotowcocktails auf Bankfilialen und die Post. Die Polizei setzte weiter massiv Tränengas ein.

Rund 150 Verletzte wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Krankenhaus behandelt, darunter auch 31 Polizisten. Elf Randalierer wurden festgenommen. Hunderte Demonstranten flüchteten sich in die U-Bahnstation, wurden von der Polizei aber wieder auf den Platz zurückgetrieben. Der Platz selbst glich einem Schlachtfeld, mit rauchenden Mülleimern, zu Barrikaden angehäuften Bürostühlen und eingeschmissenen Schaufensterscheiben.

"Gerechte Lastenverteilung"

Bundeskanzlerin Merkel rief die private Finanzwirtschaft abermals zu einer freiwilligen Beteiligung an der Griechenland-Rettung auf. Wenn die Banken auch künftig in stabilen Ländern arbeiten wollten, sollten sie "der Politik nun gerne die Hand reichen", sagte Merkel vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte eine gerechte Lastenverteilung zwischen Steuerzahlern und Finanzbranche. Dies sei der Schlüssel, um die Krise zu beenden, sagte der CDU-Politiker.

Dagegen warnte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor einem Schnellschuss bei der angestrebten Gläubigerbeteiligung an einem zweiten Hilfspaket für Griechenland: "Das klingt alles so einfach, freiwillig verlängern", sagte Ackermann vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Es müssten aber die Folgen für die interne Verrechnung bei den Banken, die Finanzwelt allgemein und die "Ansteckungsproblematik" bedacht werden. Grundsätzlich betonte Ackermann, alle Akteure wollten gemeinsam verhindern, dass die Weltwirtschaft noch einmal wie 2008 an den Rand des Kollapses gerate.

Das Finanzministerium verhandelt derzeit mit Banken und Versicherern über einen freiwilligen, substanziellen Beitrag zu der Rettung der Staatsfinanzen Griechenlands.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Eleonore Uhlich