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Samaras auf EU-Tour

Christoph Hasselbach22. August 2012

Viele Europäer haben die Griechen schon abgeschrieben. Doch Ministerpräsident Samaras wirbt noch einmal für bessere Bedingungen beim Hilfspaket. Hat der Regierungschef den Bogen überspannt?

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Griechische Euromünze, umgeben von Europa-Sternen (Fhoto: picture-alliance/dpa)
Griechenland Euro Staatsbankrott immer wahrscheinlicher SymbolbildBild: picture-alliance/dpa

Die Ferienzeit in Europa geht zu Ende und mit den Urlaubern kehrt auch die Euro-Krise zurück. Vor allem das Thema Griechenland wird die Tagesordnung in den kommenden Tagen und Wochen bestimmen, wieder mal. Am Mittwoch (22.08.2012) sprach Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker in Athen mit dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras über die Konsolidierungsfortschritte des Landes. Die lassen nach allgemeiner Ansicht nach wie vor sehr zu wünschen übrig. Doch ob das an einem zu harten Sparprogramm liegt, das die Wirtschaft abwürgt, wie Samaras meint, oder am fehlenden Eifer Griechenlands, also selbstverschuldet ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Samaras jedenfalls bemüht sich um Zugeständnisse der internationalen Geldgeber. Und bei Juncker stößt er dabei auch auf ein gewisses Verständnis, wie der Luxemburger immer wieder angedeutet hat.

Samaras auf Tour durch Europa

Es ist nicht die einzige Begegnung mit europäischen Spitzenpolitikern. Ein eher angenehmer Termin dürfte für Samaras die Unterredung am kommenden Samstag in Paris mit dem französischen Präsidenten François Hollande werden. Der setzt bei der Bekämpfung der Krise vor allem auf Wachstum und dürfte auch zu weiterer Hilfe für Griechenland bereit sein. Sehr viel schwieriger wird es Samaras allerdings einen Tag zuvor haben. Am Freitag will er in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen. Den Boden hat er schon mal mit einem Interview in der deutschen Boulevardzeitung "Bild" vom Mittwoch bereitet. Darin warnt er vor sozialen Unruhen und einer nie dagewesenen Krise der Demokratie in seinem Land, sollte Griechenland keine "Luft zum Atmen", sprich: "mehr Zeit" für die Umsetzung der Sparziele bekommen. Die Deutschen erinnert er düster an ihre eigene Geschichte und sagt, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen: "Am Ende wäre es wie in der Weimarer Republik".

Samaras gestikuliert (Foto: AP)
Samaras im griechischen ParlamentBild: AP

Wieder mildere Töne aus Berlin

Doch Samaras kennt die genervte Stimmung in der Berliner Koalition und in der deutschen Bevölkerung. Ausdrücklich hat er nicht mehr Geld, sondern eben "nur" mehr Zeit gefordert. Mehr Zeit bedeutet aber letztlich auch mehr Geld, denn irgendwie müssen die Finanzierungslücken gestopft werden. Einige deutsche Politiker haben sich während des Sommers sehr hart beim Thema Griechenland gezeigt. So hatte Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) gesagt, ein Austritt des Landes aus der Währungsunion habe "längst seinen Schrecken verloren", und der bayerische Finanzminister Markus Söder wollte an Griechenland "ein Exempel statuieren". Insgesamt zeigt sich die Koalition bei dem Thema aber wieder milder. Kleinere Zugeständnisse scheinen drin zu sein, wie es zum Beispiel Außenminister Guido Westerwelle im Gegensatz zu seinem Parteifreund Rösler angedeutet hat. Es überwiegt offenbar der Eindruck, dass es nicht nur um Griechenland geht, sondern dass der Euro an sich auf dem Spiel steht und die Deutschen mit einem Auseinanderbrechen der Währungsunion viel zu verlieren hätten.

Breitseiten aus Wien und Helsinki

Deutschland ist zwar das einflussreichste Land im ganzen Rettungspoker, und sollte es Samaras gelingen, der Kanzlerin ein wenig Verständnis abzuringen, hätte er schon viel erreicht. Aber noch härteren Widerstand gibt es in einigen kleineren Euro-Staaten. Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger sagte vergangene Woche in der Wiener Zeitung "Kurier", auf Griechenland gemünzt: "Wir brauchen Möglichkeiten, dass man jemanden aus der Währungsunion rausschmeißt. Wenn es diese Regel schon gäbe, hätte man schon Konsequenzen ziehen müssen." Und sein finnischer Amtskollege Erkki Tuomioja sagte dem britischen "Daily Telegraph" ebenfalls vergangene Woche, man müsse sich "offen der Möglichkeit eines Zusammenbruchs des Euro stellen". Er ging sogar so weit hinzuzufügen, eventuell könne sogar nach einem Zusammenbruch der Währungsunion "die EU besser funktionieren". Auch wenn nach vielen solcher Äußerungen Dementis und Relativierungen nachgeschoben werden, zeigen sie, wie groß der Frust in den Geberländern ist.

Michael Spindelegger l.) spricht mit EU-Amtskollegen (Foto: dapd)
Österreichs Außenminister Michael Spindelegger (links) mit EU-KollegenBild: dapd

Indirekt entscheidet auch Karlsruhe über Athen

Doch eine Entscheidung, ob man Griechenland noch einmal entgegenkommt oder den Geldhahn zudreht, wird in diesen Tagen noch nicht erwartet. Die Regierungen warten zunächst einmal auf den Bericht der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) im September. Und ganz wichtig im Zusammenhang mit allen Euro-Rettungsbemühungen wird der 12. September sein. Dann will das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über Klagen gegen den neuen Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiaskalpakt entscheiden. Es wird aber damit gerechnet, dass das Gericht keine grundsätzlichen Einwände gegen beide Projekte haben wird. Andernfalls, sagt etwa der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, könnte der Euro schnell am Ende sein. Erst beim Gipfel im Oktober könnten die Staats- und Regierungschefs dann beschließen, ob sie Griechenland endgültig fallenlassen oder weiterhin helfen. Erfahrungsgemäß sind solche Entscheidungen aber keine dramatischen Alles-oder-Nichts-Beschlüsse, sondern Kompromisse mit Auslegungsspielraum.

Rücklagen bei der Europäischen Zentralbank

Und ein weiterer Akteur steht auch immer noch im Hintergrund bereit als letzter oder auch vorletzter Retter der Gemeinschaftswährung. Dieser Retter muss sich noch nicht einmal parlamentarisch rechtfertigen und hat praktisch unbegrenzte Mittel: die Europäische Zentralbank. Ihr Präsident Mario Draghi hat Ende Juli erst wieder betont, die Bank sei bereit, "alles Notwendige zum Erhalt des Euro zu tun". Das kann zum Beispiel durch Anleihekäufe von Krisenstaaten geschehen. Viele deutsche Finanzpolitiker schimpfen über das, was sie als inflationsfördernde Staatsfinanzierung über die Notenpresse und Mandatsüberschreitung der EZB sehen. Andere aber meinen, solange die Regierungen untätig blieben, bleibe der Bank gar nichts anderes übrig, als den Euro zu verteidigen.

EZB-Zentrale mit Euro-Zeichen (Foto: dapd)
EZB-Zentrale in FrankfurtBild: dapd