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Glückwünsche und Kritik für Benedikt XVI.

19. April 2005

Weltweit hat die Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger Freude, aber auch Kritik ausgelöst. Während man sich in Deutschland stolz zeigt, überwiegt bei kirchlichen Reformkräften Skepsis.

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Für diese Rom-Touristen überwiegt offensichtlich FreudeBild: AP

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat dem deutschen Kardinal Joseph Ratzinger zu seiner Wahl zum Papst gratuliert und ihm Stärke und Mut für seine große Aufgabe gewünscht. Das neue Oberhaupt der katholischen Kirche bringe eine Fülle von Erfahrungen für das Amt mit sich. "Die Vereinten Nationen und der Vatikan fühlen sich dem Frieden, der sozialen Gerechtigkeit, Menschenwürde, religiösen Freiheit und dem Respekt für alle Glaubensrichtungen der Welt gleichermaßen verpflichtet", erinnerte Annans Sprecher am Dienstag in einer Erklärung.

Köhler: "Besondere Freude"

Horst Köhler zur Papstwahl
Bundespräsident Horst Köhler gibt eine Erklärung ab im Bundespräsidialamt in Berlin zur Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum neuen Pabst Benedict XVI am Dienstag, 19. April 2005.Bild: AP

Bundespräsident Horst Köhler hat dem Papst Benedikt XVI. von Herzen gratuliert. "Dass ein Landsmann Papst geworden ist, erfüllt uns in Deutschland mit besonderer Freude und auch ein wenig stolz", sagte Köhler am Dienstag in Berlin. Er verwies darauf, dass an Benedikt XVI. große Erwartungen geknüpft seien. "Und ich bin sicher, dass er diesen Erwartungen auf ganz besondere Weise mit Klugheit und Glaubensfestigkeit begegnen wird." Köhler zeigte sich sicher, dass der neue Papst das Engagement von Johannes Paul II. für die Menschenwürde und den Frieden in der Welt fortsetzen werde. Er verwies darauf, dass er noch vor wenigen Tagen in Rom zu einem Gespräch mit Kardinal Joseph Ratzinger zusammen gekommen sei.

Bundeskanzler Schröder: "Große Ehre"

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Wahl Ratzingers als "große Ehre für unser ganzes Land" bezeichnet. Benedikt XVI. kenne die Weltkirche wie kaum ein anderer und sei ein großer, weltweit geschätzter Theologe, sagte Schröder in Berlin. Der neue Papst sei ein würdiger Nachfolger von Johannes Paul II.

Chirac: "Vertrauensvoller Dialog"

"Ich habe Papst Benedikt XVI. meine herzlichsten Glückwünsche und aufrichtig gute Wünsche geschickt für die bedeutende Mission, mit der er betraut wurde", sagte der französische Staatspräsident Jacques Chirac. "Frankreich wird den vertrauensvollen Dialog mit dem Heiligen Stuhl fortsetzen, den es immer geführt hat, insbesondere bei dem gemeinsamen Kampf für Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und die Würde des Menschen."

Zentralrat der Juden: "Weg der Verständigung gehen"

Auch der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel gratulierte. "Wir sind sicher, dass er den von Johannes Paul II. eingeschlagenen Weg der Verständigung zwischen Christen und Juden weitergehen wird", sagte Spiegel. Er wünsche dem neuen Papst bei seiner schwierigen und verantwortungsvollen Aufgabe viel Erfolg, fügte der ranghöchste Repräsentant der Juden in Deutschland hinzu.

Zentralrat der Muslime: "Dialog fortsetzen"

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hofft, dass Joseph Ratzinger als Papst den Dialog zwischen Christen und Muslimen fortsetzt. "Der Kardinal war schon immer die rechte Hand von Papst Johannes Paul II. und hat mit Sicherheit viel dazu beigetragen, dass die Öffnung in den letzten Jahren diese Priorität bekommen hat", sagte der Vorsitzende Nadeem Elyas. Als Deutsche seien die Muslime doppelt glücklich über die Wahl Ratzingers.

Merkel: "Ein historisches Ereignis"

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat die Wahl Ratzingers als historisches Ereignis bezeichnet. "Dass ein Deutscher zum Papst gewählt wurde, ist für uns ein Moment des Stolzes und ein Moment der uns tief bewegt", sagte Merkel.

Fischer: "Gute Zusammenarbeit"

Bundesaußenminister Joschka Fischer hat die Wahl Ratzingers zum Papst als einen Anlass zur Freude bezeichnet. Er hoffe, dass die Zusammenarbeit mit Ratzinger "genau so gut wird wie mit seinem Vorgänger", sagte Fischer

Stoiber: "Großer Tag für Bayern"

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat Joseph Ratzinger "mit ganzem und freudigem Herzen" gratuliert. "Dies ist nicht nur ein großer Tag für die Weltkirche, sondern ein großartiger und wunderbarer Tag für Bayern und ganz Deutschland", sagte Stoiber am Dienstagabend in München. "Es ist für uns ein einmaliges und historisches Ereignis, dass nach über 400 Jahren wieder ein Deutscher zum Papst erwählt worden ist."

Evangelische Kirche: "Nicht glücklich"

Kritisches äußerten hingegen die evangelischen Kirchen: Der evangelische Landesbischof Ulrich Fischer sagte in Freiburg: "So glücklich sind wir über die Wahl nicht." Ratzinger habe als Leiter der Glaubenskongregation dem ökumenischen Gedanken keine Chance gegeben. Die Evangelische Kirche in Baden werde sich aber auf den neuen Papst einstellen und ihm offen gegenüber treten. Ein Papst aus Lateinamerika wäre jedoch die bessere Wahl gewesen, sagte Fischer.

Reformer: "Eine Riesenenttäuschung"

Hans Küng
Papst-Kritiker Hans KüngBild: AP

Skeptisch zur Wahl äußerten sich auch die kirchlichen Reformbewegungen. Aus Sicht des katholischen Theologen Hans Küng sei die Wahl Ratzingers "Riesenenttäuschung" für alle Reformorientierten. Allerdings gebe der gewählte Name Benedikt XVI. Hoffnung, dass der Papst einen gemäßigten Kurs einschlagen könnte, sagte der Tübinger, dem der Vatikan vor 25 Jahren die Lehrerlaubnis entzog. "Wie bei einem Präsidenten der USA, sollte man einem neuen Papst 100 Lerntage zubilligen." Der neue Pontifex stehe vor einem Berg unerledigter Aufgaben.

"Eine Katastrophe"

Der kritische Theologe Gotthold Hasenhüttl hält die Wahl Ratzingers für eine "Katastrophe". Hasenhüttl sagte, Ratzinger werde den Kurs von Johannes Paul II. verschärft fortsetzen und damit auch den Reformstau in der katholischen Kirche vergrößern. Der emeritierte Professor der Universität Saarbrücken war unter maßgeblicher Beteiligung Ratzingers vom Priesteramt suspendiert worden, nachdem er am Rande des Ökumenischen Kirchentags in Berlin 2003 evangelischen Christen die katholische Kommunion ausgeteilt hatte. "Wir können nur hoffen, dass Kardinal Ratzinger nicht den gleichen Kurs wie Johannes Paul II. Fortführt", sagte der Sprecher der Kirchenvolksbewegung Christian Weisner. "Die Tagesordnung, die Liste der Aufgaben für den neuen Papst ist lang. Er muss die Kraft finden, die Kurie zu reformieren", sagte er Reuters.

Schärfer äußerte sich der Bundesgeschäftsführer der Initiative "Kirche von unten", Bernd Göhring. "Wir halten die Wahl Ratzingers für eine Katastrophe." In den nächsten Jahren würden von dem neuen Papst wohl keine Reformen zu erwarten sein. "Der bisherige Kurs der Kirche wird mit dieser Wahl des Kardinalskollegiums nur bestätigt. Ich denke, dass nun noch mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren werden", sagte Göhring.

Anglikaner: "Theologe von großem Format"

In Großbritannien sind die ersten Reaktionen auf die Wahl von Joseph Ratzinger zum Papst positiv ausgefallen. Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury und geistliches Oberhaupt von weltweit 75 Millionen Anglikanern, hat Joseph Ratzinger als großen Theologen gewürdigt. "Er ist ein Theologe von großem Format", sagte Williams. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Papst Benedikt XVI. und hoffe, dass sich beide Kirchen noch näher kommen könnten.

Polen: Überwiegend positiv

Auch in Polen waren die ersten Reaktionen auf die Wahl Kardinal Josef Ratzingers zum Papst überwiegend positiv. Viele Gläubige strömten in die Kirchen, um für das neue Kirchenoberhaupt zu beten. Bei den Polen hatte der neue Papst mit seiner emotionalen Predigt bei der Beerdigung seines Vorgängers Johannes Paul II. an Beliebtheit gewonnen.

Südamerika: "Eine Wende Richtung Europa"

Mit Enttäuschung wurde die Wahl allerdings in Südamerika aufgenommen. Im Kontinent mit den meisten Katholiken hatte man auf die Wahl eines südamerikanischen Bischofs gehofft. Die Wahl Ratzingers zum neuen Papst bedeutet nach Ansicht der Kirche in Brasilien - dem größten katholisch geprägten Land der Erde - eine "Wende" des Vatikans Richtung Europa. "Auch die Wahl des Namens Benedikt XVI. deutet darauf hin, dass Ratzinger sich in erster Linie der Wiederchristianisierung Europas widmen will", erklärte der stellvertretende Präsident der brasilianischen Bischofskonferenz, Antonio Celso de Queiroz. Es sehe so aus, als ob der Vatikan wegen der sich reduzierenden Zahl der Gläubigen in der «Alten Welt» besorgt sei.

Im Geburtsort Marktl: "Wir sind stolz"

Papstwahl in Marktl
Bürger der bayerischen Gemeinde Marktl verfolgen im Gasthaus, wie schwarzer Rauch nach dem zweiten Wahlgang in Rom aufsteigt.Bild: AP

Im Geburtsort von Joseph Ratzinger ist das Ergebnis der Papstwahl mit Begeisterung aufgenommen worden. Der Bürgermeister von Marktl, Hubert Gschwendtner, ballte in seinem Wohnzimmer bei der Bekanntgabe des Ergebnisses die Faust, sprang vom Sofa auf und brüllte: "Ja!". "Wir Marktler sind stolz, dass wir so einen exponierten und weltweit anerkannten Vertreter der katholischen Kirche ehren dürfen", sagte Gschwendtner. Auf dem Marktplatz vom Marktl sollte es eine Feier mit Blasmusik, Böllerschüssen und Freibier geben.

Bruder: Fassungslos und ohne Worte

Der ältere Bruder des neuen Papstes Benedikt XVI. konnte die Nachricht zunächst nicht fassen. "Er ist vor dem Fernseher versunken und sagt kein Wort", sagte die Haushälterin des 81-Jährigen Prälaten Georg Ratzinger, Agnes Heindl. (sams)