Globale Verdopplung bis 2030?
11. Juni 2014Im Auftrag der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien, IRENA, haben 82 Energieexperten aus 42 Ländern den möglichen Umbau der Energiesysteme weltweit untersucht und konkrete Handlungsempfehlungen für Regierungen entwickelt. Die Experten analysieren in der Studie REmap 2030 die Kosten der verschiedenen Energiesysteme, Effekte für den Arbeitsmarkt, das Potential der Treibhausgasreduktionen und die Vor- und Nachteile für Regierungen, Unternehmen und Bürger.
Nach Ansicht der Experten kann der Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 weltweit verdoppelt werden, auf über 30 Prozent. In der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung würden durch die Verdopplung keine zusätzlichen Kosten entstehen. "Es gibt starke wirtschaftliche Argumente für den Übergang zu erneuerbaren Energien", betont IRENA-Generalsekretär Adnan Z. Amin bei der Vorstellung der Zusammenfassung in Abu Dhabi. Dadurch, dass moderne erneuerbare Energien kaum Gesundheits- und Klimaschäden verursachten, "finanziert sich der Umbau praktisch selbst", so Amin.
Nach Berechnungen der Experten wird sich der Anteil der erneuerbaren Energien bei Fortsetzung der derzeitigen Politik von heute 18 auf 21 Prozent bis 2030 erhöhen. "Die Ziele der Regierungen müssen deutlich ambitionierter gesetzt werden", fordert Dolf Gielen im DW-Interview. Gielen ist Direktor von IRENAs Innovation and Technology Center in Bonn und leitet die umfangreiche Studie, die zudem für 26 Länder konkrete Einzelanalysen enthält.
Beschleunigter Energieumbau spart Milliarden
Nach Angaben der Experten ist ein schneller Umstieg auf erneuerbare Energien mit den bestehenden und neuen Technologien möglich und wirtschaftlich sinnvoll. Die Mehrkosten für den Ersatz der fossilen Energien würden im weltweiten Durchschnitt knapp einen Dollar-Cent pro Kilowattstunde (kWh) betragen.
Demgegenüber ständen Einsparungen: "Erneuerbare Energien sind vorteilhaft. Sie verursachen weniger Gesundheits- und Klimaschäden", so Gielen. Laut Bericht verursachen fossile Energien Gesundheitsschäden von ein bis zwei Cent pro KWh und Klimaschäden von ein bis vier Cent pro kWh.
Durch den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien "ist die Summe der Einsparungen also viel größer", erklärt Gielen. Würde die Raodmap 2030 wie vorgeschlagen umgesetzt und der Anteil der Erneuerbaren bis 2030 verdoppelt, ließen sich laut Gielen pro Jahr weltweit zwischen 180 bis 730 Milliarden Euro sparen.
Bisher werden diese externen Kosten nur sehr selten in Berechnungen einbezogen. Das ist auch der Grund, warum Erneuerbare im Vergleich zu Fossilen häufig noch teurer erscheinen. Gielen hofft, dass sich die gesamtwirtschaftliche Betrachtung durch Aufklärung immer mehr durchsetzen wird.
Mit Aufklärung und Beratung Potential heben
Gielen, der mit seinem Team weltweit Regierungen berät, setzt auf Aufklärung und Information. "Viele Regierungen unterschätzen das Potential der erneuerbaren Energien", so Gielen. Der "Bedarf an objektiven Daten über Kosten und Potentiale der Erneuerbaren und an politischen Instrumenten" sei groß.
Den Regierungsvertretern empfiehlt Gielen den Übergang zur erneuerbaren Energieversorgung realistisch und ehrgeizig zu planen, ein günstiges und stabiles Investitionsklima zu schaffen und den Aufbau von Know how vor Ort.
Auch die Subventionen der fossilen Energien sieht Gielen als großes Hinderniss für eine nachhaltige Energiepolitik. "Derzeit liegen sie weltweit bei fast 600 Milliarden Dollar pro Jahr. Das ist das Sechsfache im Vergleich zu den Subventionen für die Erneuerbaren", so Gielen. "Durch die Subventionierung der Fossilen werden die Erneuerbaren in der Wirtschaftlichkeit eingeschränkt."
Erneuerbare als Jobmotor und Klimabremse
Nach Berechnung der Experten sind erneuerbare Energien gut für den Arbeitsmarkt. Würde der Anteil der Erneuerbaren bis 2030 weltweit verdoppelt, entstünden 60 Millionen neue Jobs bei der erneuerbaren Energieerzeugung. Gleichzeitig würden 44 Millionen Jobs in der fossilen Branche abgebaut. In der Summe wäre die Bilanz jedoch positiv: Bis 2030 hätten 16 Millionen mehr Menschen einen Job.
Positiv wäre die Umsetzung der vorgeschlagenen Roadmap 2030 auch für den Klimaschutz. Nach Berechnungen der Experten könnte so der weltweite Ausstoß der Klimagase um 8,6 Milliarden Tonnen pro Jahr gesenkt werden. Im Vergleich zur Fortsetzung der derzeitigen Politik (Busines as usual) wäre dies eine Reduktion der Treibhausgase um gut 20 Prozent.
Für die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels würden diese Maßnahmen jedoch nicht reichen. Als ebenso wichtiges Element sehen die Experten die Energieeffizienz, die effiziente Nutzung von fossilen und erneuerbaren Energien. Sie könnte den CO2-Ausstoß um weitere 7,3 Milliarden Tonnen pro Jahr senken. Mit beiden Maßnahmen wären damit die wichtigsten Schritte zur Begrenzung der Erderwärmung aus heutiger Sicht erreicht.