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Gipfel ohne Aufregung

20. November 2010

Im Frühjahr fühlte sich die Europäische Union zurückgesetzt, weil US-Präsident Obama das regelmäßige Gipfeltreffen abgesagt hatte. In Lissabon wurde es jetzt nachgeholt. Es herrscht fast wieder Harmonie.

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Barack Obama beim NATO Gipfel in Lissabon im Gespräch
Gipfelmarathon: US-Präsident Obama in LissabonBild: AP

Das Gipfeltreffen zwischen den USA und den Spitzenvertretern der Europäischen Union wurde kurzerhand an das Gipfeltreffen der NATO in Lissabon angehängt, weil sowieso alle wesentlichen Politiker in der portugiesischen Hauptstadt vertreten waren. In nur 90 Minuten handelte Präsident Barack Obama mit dem ständigen Ratspräsidenten der EU, Herman Van Rompuy, und dem EU-Kommissionspräsidenten Jose Barroso die wichtigsten Politikfelder ab. "Dieser Gipfel war nicht so aufregend wie andere Gipfel, weil wir uns eigentlich in allen Fragen einig sind", sagte Obama unter Gelächter der Reporter und fuhr fort: "Trotzdem ist unsere Beziehung zu Europa die Grundlage für unsere Politik in der gesamten Welt."

Kritik an deutschen Exporten

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy (Foto: AP)
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy will mit den USA gegen den Terrorismus zusammenarbeitenBild: AP

Barack Obama sagte schon vor dem Treffen, zwischen den Vereinigten Staaten und Europa herrsche nach einer Zeit der Missverständnisse wieder Einvernehmen. Bei der groben Linie sei man sich einig, auch wenn es dann und wann in Einzelfragen Streit gäbe. Obama bezog sich vor allem auf Sicherheits- und Außenpolitik. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik hängt der transatlantische Haussegen hingegen noch schief. Der amerikanische Präsident kritisierte, dass einige Länder in Europa nicht genug tun würden, um ihre Binnennachfrage anzukurbeln und Außenhandelsüberschüsse mit den USA abzubauen. Gemeint hat er vor allem Export-Vize-Weltmeister Deutschland. Deutschland solle seine Exporte schmälern, weil es damit anderen Ländern schade, so die Auffassung der US-Delegation. Diese Ansicht hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits beim G20-Gipfel in Seoul zurückgewiesen.

Auf vielen anderen Feldern sei man sich aber durchaus einig, sagte EU-Kommissionspräsident Jose Barroso. Beim Klima- und Umweltschutz, beim Austausch von Wissenschaft und Forschung und den wesentlichen Handelsfragen herrsche Harmonie. Bei der bevorstehenden Weltklimakonferenz in Cancun wollen die Europäer allerdings ambitioniertere Ziele verfolgen als die USA. Beim Klimaschutz bremst Obama zurzeit aus innenpolitischen Gründen. US-Präsident Obama versuchte dem Eindruck entgegen zu treten, er habe an Europa weniger Interesse als sein Vorgänger George W. Bush. Der erste Versuch, sich im Mai in Spanien zu treffen, sei wirklich nur aus terminlichen Gründen gescheitert, beteuern US-Diplomaten. Die USA betonen außerdem, dass Europa und Amerika im Nahen Osten, bei der Eindämmung im Iran und in Afghanistan an einem Strang zögen.

Entwicklungshilfe soll verzahnt werden

Die Entwicklungshilfe, die beiden Seiten leisten, soll künftig besser koordiniert und auf Doppelstrukturen hin abgeklopft werden, kündigte US-Präsident Obama an. "Wir sind gemeinsam die Hauptquelle für Entwicklungshilfe und wir haben vereinbart, die Hilfe besser und effizienter einzusetzen. Wir wollen die Arbeit teilen und Doppelarbeit vermeiden. Wir wollen effizienter werden, wie ich das in unserer Entwicklungsstrategie dargelegt habe", sagte der Präsident. Die EU und die USA stellen zusammen etwa 80 Prozent der Mittel für Entwicklungshilfe weltweit bereit. Handelspolitisch sind die alte und neue Welt stark auf einander angewiesen.

Etwa 14 Millionen Arbeitsplätze in Europa und den USA sind vom gegenseitigen Austausch von Waren abhängig. Das Handelsvolumen beträgt rund 365 Milliarden Euro pro Jahr. Der Luftverkehr über den Atlantik soll weiter liberalisiert werden. Seit März dieses Jahres ist ein neues Abkommen in Kraft, das europäischen Fluglinien neue Möglichkeiten auf dem US-Markt eröffnen soll.

Schwerpunkt Innere Sicherheit

Bei der Terrorbekämpfung arbeiten die USA und die EU eng zusammen. Der Austausch von Flugpassagierdaten ist nach langem Hin- und Her geregelt, allerdings tut sich die amerikanische Seite mit den Datenschutz-Bestimmungen auf europäischer Seite schwer. Die innere Sicherheit solle gerade nach den jüngsten Terrorwarnungen für Europa ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit bleiben, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. "Die Zusammenarbeit der EU mit den USA hat hier wirklich einen zusätzlichen Wert. Darum wollen wir unsere Partnerschaft in Sicherheitsfragen weiterentwickeln. Das muss in gegenseitigem Respekt für Grundwerte und Freiheit geschehen", meinte Van Rompuy. Er strebe ein umfassendes Datenschutzabkommen mit den USA an.

Die Europäische Union fordert schon seit Jahren, dass alle EU-Bürger ohne Visum in die USA einreisen können. Bislang gilt der visafreie Reiseverkehr nur für 23 der 27 EU-Staaten. US-Bürger können in alle EU-Staaten ohne Visum reisen.

Autor: Bernd Riegert, Lissabon

Redaktion: Dirk Eckert