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PolitikGhana

Ghana wählt in Krisenzeiten neuen Präsidenten

Isaac Kaledzi
7. Dezember 2024

In Ghana dürfen 19 Millionen Wahlberechtigte einen neuen Präsidenten wählen. Es wird mit einem friedlichen Machtwechsel gerechnet. Auf den Gewinner kommen angesichts hoher Verschuldung große Aufgaben zu.

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Ghana : ein Wähler an Wahlurne bei der Stimmabgabe unter freiem Himmel, daneben eine Wahlkabine mit der Aufschrift "Electoral Commission Ghana" (Archivbild von 2020 aus Accras Vorort Nima)
Die Vorzeige-Demokratie wählt eine neue StaatsspitzeBild: Cristina Aledhuela/AFP

Ghana gilt als eine der Vorzeige-Demokratien - und am Samstag sind 19 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, einen demokratischen Machtwechsel an der Staatsspitze herbeizuführen. Präsident Nana Akufo-Addo darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren. Auf seine Nachfolge bewerben sich elf Kandidaten, von denen zweien eine Favoritenrolle zukommt: Akufo-Addos regierende Neue Patriotische Partei (NPP) schickt Vizepräsident Mahamadu Bawumia ins Rennen.

Sein aussichtsreichster Herausforderer ist John Dramani Mahama vom Nationalen Demokratischen Kongress (NDC), der von 2012 bis 2017 schon einmal Ghanas höchstes Staatsamt innehatte. Er war jedoch 2016 nicht wiedergewählt worden und verlor auch 2020 gegen Akufo-Addo.

Enttäuschte Wähler

Ghana ächzt unter hoher Staatsverschuldung. Die Wirtschaft wächst, zugleich nimmt jedoch auch die Armut zu. Insbesondere in ländlichen Gegenden hinkt die Entwicklung hinterher - eine Tendenz, die sich verstärkt, je weiter man von der Küste nach Norden in Richtung der Grenze zu Burkina Faso fährt.

"Sie schließen Gemeinde um Gemeinde ans Stromnetz an, uns lassen sie links liegen", beklagt sich Abdullai Jamal in einem Vorort von Tamale, der Provinzhauptstadt der Nordregion. Jamal und seine Nachbarn sind enttäuscht, dass die Entwicklungsversprechen der Politiker bislang nicht bei ihnen angekommen sind. Sie haben beschlossen, an der Wahl nicht teilzunehmen, sofern bis zum Wahltag nicht noch etwas passiert. "Jeder, der versprochen hat, uns ans Netz anzuschließen, hat uns nach den Wahlen ignoriert. Deshalb haben wir das so entschieden", sagt Jamal der DW.

Ibrahim, ein weiterer Anwohner, pflichtet ihm bei: "Jeder wählt wegen der Entwicklung, aber bis heute haben wir keinen Strom", sagte er der DW.

Kümmert sich die Politik um die Probleme?

Beobachter warnen die Politiker davor, ihre Wähler für selbstverständlich zu halten, indem sie so tun, als würden sie ihre Stimmen erkaufen. "Es geht vor allem um die Stimmen", sagt der politische Analyst Ibrahim Mohammed Gadafi: "Sie vernachlässigen entweder die systemischen Probleme, unter denen die Menschen bereits leiden. Oder sie versuchen, Projekte anzustoßen, um den Wählern zu zeigen, dass sie sich kümmern", so Gadafi zur DW.

Bildcombo: Die beiden Favoriten John Dramani Mahama und Mahamudu Bawumia stehen jeweils an Rednerpulten
Kernthema der Favoriten John Dramani Mahama und Mahamudu Bawumia: die WirtschaftspolitikBild: Nipah Dennis/AFP/Getty Images, Olympia de Maismont/AFP

Die beiden Favoriten Bawumia und Mahama haben ihre Kampagnen auf Ghanas wirtschaftliche Erholung zugeschnitten. Das Thema kratzt am Erbe des scheidenden Präsidenten Akufo-Addo. Mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds steckt Ghana gerade mitten in einer Umschuldung. Über die Jahre waren die Staatsschulden auf rund 30 Milliarden US-Dollar (28,5 Milliarden Euro) angewachsen.

Digitale Innovation oder 24-Stunden-Wirtschaft?

Der Ökonom und frühere Zentralbanker Bawumia verspricht digitale Innovationen als Lösung für Ghanas wirtschaftliche Probleme. "Die Jugend braucht dringend Jobs. Ich werde einer Million jungen Ghanaern digitale Fähigkeiten geben", versprach Bawumia bei einem Wahlkampfauftritt in der Volta-Region im Südosten des Landes. "Selbst, wenn du die Schule ohne Abschluss verlassen hast, können wir dich digital weiterbilden."

Sein wichtigster Gegner Mahama beschwört hingegen ein Konzept seiner Partei: Die 24-Stunden-Wirtschaftsinitiative, die laut Mahama das Potenzial des Landes freisetzen würde. Gemeint sind längere Arbeitszeiten bis hin zu rund um die Uhr verfügbaren Einrichtungen und Dienstleistungen. "Der Präsident und der Vizepräsident behaupten, zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen zu haben. Ich frage: Wo sind diese Stellen?", sagte Mahama bei einem Auftritt in der Region Ahafo im zentralen Südwesten. "Das klingt wie Rhetorik, die Stimmen bringen soll. Wir hingegen werben für eine 24-Stunden-Wirtschaft, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten schafft."

Friedenspakt vor den Wahlen

Ghana ist an friedliche Wahlen gewöhnt - und Beobachter rechnen damit, dass das auch an diesem Wochenende so sein wird. Bawumia und Mahama haben im Vorfeld ein Friedensabkommen unterzeichnet, in dem sie ankündigen, jedes Wahlergebnis zu respektieren. "Wir hoffen, dass diese Zusagen uns dabei helfen, friedliche und rechtskonforme Wahlen abzuhalten", sagte der Regierungsführungs-Analyst Emmanuel Akwetey anlässlich der Unterzeichnung des Pakts. "Damit werden unsere Institutionen gestärkt."

Polizisten in schwerer Montur stellen sich Demonstrierenden mit Plakaten in den Weg, auf einem Plakat steht "What is the EC trying to hide?"
Die NDC hatte ihre Anhänger im Vorfeld zur Kritik an der Wahlkommission aufgerufen: "Was will die Wahlkommission verheimlichen?", steht auf einem Protestplakat, hier im September in der Hauptstadt Accra.Bild: NIPAH DENNIS/AFP/Getty Images

Mahamas Partei NDC hat sich dem Pakt jedoch explizit nicht angeschlossen. Ihr Generalsekretär hatte stattdessen beklagt, es gebe keine ausbalancierte und inklusive Atmosphäre.

Alles bereit für den Wahltag

Unterdessen bemühte sich Ghanas Wahlkommission bis zuletzt, Vorwürfe, dass es an Transparenz mangle, zu entkräften. Nach massiver Kritik machten sie eine Entscheidung rückgängig, die den Zugang von Medienvertretern zu den Auszählungen beschränkt hätte. Die Wahlkommissions-Vorsitzende Jean Mensah versprach friedliche und glaubwürdige Wahlen: "Ich versichere Ihnen, dass wir die Zutaten - Transparenz, schnelle Reaktionsfähigkeit und Nichtausgrenzung - in all unseren Aktivitäten bis zum Wahltag und darüber hinaus anwenden."

Neben dem Staatschef werden am Samstag auch die mehr als 270 Parlamentsabgeordneten neu gewählt. Von sechs bis 17 Uhr lokaler Zeit sind mehr als 40.000 Wahllokale geöffnet. Sollte bei der Präsidentenwahl kein Kandidat auf Anhieb 50 Prozent plus eine Stimme erhalten, steht Ghana noch eine Stichwahl bevor.

Dieser Artikel wurde zuvor auf Englisch veröffentlicht.