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Gewalt und Gefühle: der Film "Härte"

Jochen Kürten22. April 2015

Mit seinem neuen Werk ist Rosa von Praunheim ein kleines Filmwunder gelungen. "Härte" kombiniert Dokumentarisches und Fiktives - und fügt sich doch zu einem Gesamtkunstwerk.

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Filmstill aus "Härte" von Rosa von Praunheim (Foto: missing film)
Bild: missing film

Bei seiner Welturaufführung während der Berlinale im Februar waren Staunen und Beifall groß. Die Ikone des homosexuellen Kinos in Deutschland, Rosa von Praunheim, hatte mit 72 Jahren wieder einmal einen Film vorgelegt, der sich nicht nur an eingefleischte Fans des Regisseurs oder an die schwule Gemeinde richtete. "Härte" ist trotz seines expliziten Themas und der Tatsache, dass für die Produktion relativ wenig Geld zur Verfügung stand, ein rundherum geglückter Film, der auch bei einem größeren Kinopublikum in Deutschland eine Chance haben dürfte.

Bundesdeutscher Kinostart

Kein Wunder also, dass "Härte" einen Verleih gefunden hat. Nun läuft er am 23. April in den deutschen Kinos an und anschließend auch in der Schweiz. Auch beim Filmfestival in Hongkong wird "Härte" demnächst gezeigt. Einige der Arbeiten von Praunheim hatten das in den vergangenen Jahren nicht geschafft. Sie liefen ausschließlich auf Festivals, im Fernsehen oder bei anderen Filmveranstaltungen.

Regisseur Rosa von Praunheim auf der Berlinale 2015 (Foto: REUTERS/Stefanie Loos)
Rosa von Praunheim nach der Berlinale-UraufführungBild: Reuters/S. Loos

"Härte" erzählt die Geschichte des ehemaligen professionellen Kampfsportlers Andreas Marquardt. Doch nicht die Sportkarriere Marquardts steht im Mittelpunkt, sondern dessen früheres Leben. Als Kind wurde er von seiner Mutter schon mit jungen Jahren sexuell missbraucht, vom Vater körperlich gequält. Mit Hilfe des Großvaters kann er dem Elternhaus entkommen. Später wurde er Zuhälter. Das brachte ihm nach Jahren des ausschweifenden Lebens schließlich mehrere Gefängnisstrafen ein. Insgesamt saß er acht Jahre hinter Gittern. Erst danach schaffte es Marquardt, dem Milieu zu entkommen und als Sportler und Betreiber eines Fitness-Studios in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Heute engagiert sich Andreas Marquardt für Jugendliche, bringt ihnen Kampfsport bei, veranstaltet Charities für missbrauchte Kinder.

Filmplakat "Härte" von Rosa von Praunheim (Foto: missing film)
Bild: missing film

Gelungene Synthese

Von Praunheim hat sich in diesem jüngsten Filmprojekt für eine Mischung aus Dokumentation und Spielszenen entschieden. Der Zuschauer erlebt den inzwischen fast 60-jährigen Marquardt, hört ihm zu, wenn er zurückschaut auf sein Leben, lauscht seinen Erfahrungen als Zuhälter im Berlin der 1980er und 1990er Jahre.

Dazwischen hat Praunheim Szenen montiert, in denen der junge Marquardt, dessen Mutter und dessen Freundin von Schauspielern dargestellt werden. Der Regisseur hat diese inszenierten Sequenzen zumeist nur vor theaterhaft wirkenden Kulissen gedreht. Ein herausragendes Schauspielerensemble (Hanno Kofler als Andreas Marquard, Katy Karrenbauer als Mutter und Luise Heyer als Freundin) machen den Film zu einer selten aufwühlenden Kinoerfahrung.

Emotionales Erlebnis

Es sei sein "emotionalster Film", sagt Rosa von Praunheim über "Härte". Schon lange nicht mehr hat man eine derart gelungene Synthese zwischen Dokument und Fiktion im deutschen Kino gesehen. "Härte" hat nichts von altbackenem Dokudrama, packt seine Zuschauer von der ersten Minute an und lässt sie bis zum Fehlschluss nicht mehr los.

"Härte" wird jetzt auch im Rahmen einer Werkschau mit den bekanntesten Filmen des Regisseurs im Berliner Kino "Lichtblick" gezeigt. Am 2. Mai stellt Rosa von Praunheim "Härte" dort persönlich vor.