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Geschworene:<br>Marc Dutroux schuldig

18. Juni 2004

Nach tagelangen Beratungen gaben die Geschworenen im Prozess gegen Marc Dutroux im südbelgischen Arlon ihr Urteil bekannt. Dem vorbestraften Kinderschänder droht lebenslange Haft.

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Marc Dutroux landet möglicherweise lebenslang hinter GitternBild: AP

Die Geschworenen des Gerichts sahen es als erwiesen an, dass Dutroux Mitte der 1990er Jahre sechs Mädchen entführt und vergewaltigt und vier von ihnen ermordet hat. In dem vor dreieinhalb Monaten begonnenen Prozess sind drei weitere Personen angeklagt, die Dutroux geholfen haben sollen. Dutroux brachte laut Auffassung der Laienrichter auch seinen damaligen Komplizen Bernard Weinstein um.

Umfangreiche Schuldsprüche

Zudem ist Dutroux als früherer Chef einer kriminellen Bande für die Entführung, Freiheitsberaubung und Vergewaltigung von insgesamt sechs Mädchen verantwortlich, entschieden die zwölf Geschworenen nach mehrtägigen Beratungen. Die vier Mädchen Julie Lejeune, Melissa Russo, An Marchal und Eefje Lambrecks überlebten die Gefangenschaft nicht. Dutroux hatte bis zuletzt bestritten, für den Tod der Mädchen verantwortlich zu sein. In seinem Schlusswort sagte Dutroux vergangene Woche, er sei von einem Pädophilenring gezwungen worden, die Mädchen zu entführen. Trotz entsprechender Spekulationen zu Prozessbeginn wurden keine Beweise für einen solchen Ring gefunden.

Sollte Dutroux am Ende der Urteilsverlesung aller Vorwürfe für schuldig befunden werden, steht ihm eine lebenslange Haftstrafe bevor. Das Strafmaß wird erst nach weiteren Beratungen des Gerichts bekannt gegeben.

Michelle Martin, die Ehefrau von Marc Dutroux, auf einem Archivbild vom 19. Aug. 1996
Michelle Martin, die Ehefrau von Marc Dutroux, auf einem Archivbild vom 19. August 1996Bild: AP

Auch die mitangeklagte frühere Ehefrau von Dutroux, Michelle Martin, und Dutroux' Komplize Michel Lelievre müssen mit Haftstrafen rechnen. Für den Tod von Julie und Melissa machten die Geschworenen Dutrouxs Exfrau Martin verantwortlich. Sie wurde aber nicht wegen Mordes verurteilt.

Bisher kein Urteil zu Michel Nihoul

Dutroux Prozess in Arlon - Michel Nihoul
Der mitangeklagte Geschäftsmann Michel NihoulBild: AP

Das Geschworenen-Gericht ist bisher zu keiner Entscheidung über die Schuld des im Dutroux-Prozess mitangeklagten Geschäftsmanns Michel Nihoul gekommen. Sieben Laienrichter waren am Donnerstag der Auffassung, dass der vorbestrafte Betrüger Nihoul Dutroux bei seinen Taten half. Fünf Geschworene stimmten bei der entsprechenden Frage mit "Nein". In diesem Fall müssen die drei Berufsrichter ihre Stimme abgeben und eine Entscheidung herbeiführen. Nihoul galt in dem Verfahren als Dutrouxs Verbindungsmann zu Kinderschänder-Ringen.

Belgiens Jahrhundertprozess

Der seit 1. März dauernde Prozess, der weit über die Grenzen Belgiens Wellen schlug, steht damit kurz vor dem Abschluss. Die Geschworenen urteilten in 243 Einzelfragen über Schuld oder Unschuld des Hauptangeklagten Dutroux und der drei Mitbeschuldigten.

Das Gericht hatte mehr als 500 Zeugen vernommen. Allein die Plädoyers von Nebenklage, Verteidigung und Staatsanwaltschaft dauerten 75 Stunden. Die Dutroux-Affäre hatte im Belgien der 1990er-Jahre eine innenpolitische Krise ausgelöst. Die Bilder der beiden überlebenden Opfer Sabine Dardenne und Laetitia Delhez, die 1996 im Keller eines Dutroux-Hauses gefunden wurden, gingen um die Welt. (kas)