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Kunst

Gerhard Richters Geschenk an Berlin

30. März 2023

Die Neue Nationalgalerie in Berlin zeigt mit 100 Werken Gerhard Richters eine Dauerleihgabe seiner Kunststiftung. Im Zentrum der Schau: der "Birkenau"-Zyklus.

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Der deutsche Maler Gerhard Richter
Der deutsche Maler Gerhard RichterBild: Rolf Zoellner/epd/imago images

Die Ausstellung verspricht ein Besuchermagnet zu werden, zählt Richter doch zu den meisthofierten Malern der Gegenwart. Seine Werke erzielen Höchstpreise. Entsprechend wertvoll ist das Gemäldekonvolut, das der Künstler noch 2021, kurz vor seinem 90. Geburtstag, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Dauerleihgabe überlassen hat. Beim Ringen um den künstlerischen Nachlass des Malerstars waren Richters Geburtsstadt Dresden und seine Wahlheimat Köln leer ausgegangen. Richters Wahl fiel auf Berlin, das die Entscheidung als "Sensation” feierte.

Richter-Werke in der Neuen Nationalgalerie in Berlin

Die rund 100 Werke sind nun zunächst in der Neuen Nationalgalerie ausgestellt und sollen später im entstehenden Museum des 20. Jahrhunderts eine Heimat finden. Die aktuelle Präsentation trägt die Handschrift Richters, denn sie entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler. 

"Birkenau"-Zyklus im Mittelpunkt

Gerhard Richter vor seinem Zyklus "Birkenau" 2016 im Frieder Burda Museum in Baden-Baden
Gerhard Richter bei der Präsentation seines Birkenau-Zyklus 2016 im Museum Frieder Burda in Baden-BadenBild: ULI DECK/dpa/picture alliance

Zu sehen sind - neben Richters Holocaust-Zyklus "Birkenau" - knapp 90 Arbeiten aus mehreren Schaffensphasen seit den 1980er-Jahren, darunter fotografisch anmutende Gemälde in charakteristischer Wischtechnik wie "Besetztes Haus" (1989), "4900 Farben" (2007) und "Strip" (2013/2016). Außerdem zeigt die Schau Arbeiten aus der Werkgruppe der übermalten Fotos, in denen Richter das Spannungsfeld zwischen Fotografie und Malerei erkundete.

Im Zentrum der Berliner Schau aber steht Richters vierteiliger Zyklus "Birkenau" (2014) - riesige abstrakte Farbtafeln, durchzogen von tiefgrauen Schlieren und ergänzt durch Dreingaben in Grün und Rot. Die Werke entstanden nach heimlich aufgenommen Fotografien eines jüdischen Häftlings im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im August 1944. 

Picasso des 21. Jahrhunderts

Bild einer brennenden Kerze
Fotografie? Gemälde? Richter verwischte die Grenzen zwischen Malerei und FotografieBild: picture-alliance/dpa

Von Kunstkritikern wird Gerhard Richter, der in Köln lebt, gerne als "Picasso des 21. Jahrhunderts" bezeichnet. Tatsächlich ist der gebürtige Dresder einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart. Seine Werke hängen in den bedeutendsten Museen der Welt. Arbeiten mit seiner Signatur erzielen Rekordsummen am Kunstmarkt. Die Welt hat ihn mit Kunstpreisen überschüttet.

Gleichwohl ist Richter kein Künstler zum Anfassen. Mit Picasso, dem Wegbereiter der modernen Kunst im 20. Jahrhundert, teilt er kaum mehr als den Ruhm. Zwar liebt auch Richter die Frauen und ist zum dritten Mal verheiratet. Doch anders als der illustre Spanier scheut Richter das Licht der Öffentlichkeit. Er gibt kaum Interviews und macht sich rar auf den Tummelplätzen der Kunstwelt. 

Im Unterschied zu Picasso machte Richter auch nicht die eigene Biografie zum Maß seiner Kunst. Ganz im Gegenteil, wie Richter-Biograf Dietmar Elger im DW-Interview betonte: "Gerhard Richter hat sein Privatleben, wo er es gemalt hat, immer geleugnet." Doch etwas hat Richter dann doch mit Picasso gemein: Stilistisch entwickelte er sich stets weiter. Das galt bereits für seine frühen Pop-Art-Bilder und ersten Gehversuche im abstrakten Expressionismus Anfang der 1960er Jahre, die er zum "Kapitalistischen Realismus" erklärte, eine ironische Antwort auf die offizielle Kunstdoktrin der damaligen DDR, den "Sozialistischen Realismus". 

Eine Frau geht an einem Bild Gerhard Richters vorbei, das 2012 in der Tate Modern London gezeigt wurde
Ein abstraktes Bild Gerhard Richters in einer Retrospektive der Londoner Tate Modern Bild: picture-alliance/dpa

Stilbruch als Markenzeichen

Er malte Landschaften in der Tradition der Romantik, Wolkenbilder und Seestücke. Es entstanden Stillleben und Porträts. Richter trug die gegenständliche Malerei in die Zeit der Fotografie. Und erfand sich dabei immer wieder neu - mal mit fotorealistischen Naturdarstellungen oder unscharfen Gemälden, mal mit Glas- und Spiegelobjekten, Installationen und Übermalungen oder auch mit späten, wandfüllenden Farborgien. Permanenter Stilbruch wurde zu seinem Markenzeichen. Wohl kaum jemand hat die Möglichkeiten von Malerei so intensiv ausgelotet wie der mittlerweile 91-jährige Gerhard Richter. 

Die Ausstellung "100 Werke in Berlin" ist vom 01. April 2023 bis 2026 in der Neuen Nationalgalerie zu sehen.