Generalstreik legt Hongkong teilweise lahm
5. August 2019Bereits zur morgendlichen Hauptverkehrszeit gab es in der chinesischen Sonderverwaltungszone erhebliche Verzögerungen, weil Demonstranten Teile des U-Bahn-Netzes und Straßen blockierten. Die U-Bahn-Gesellschaft teilte mit, dass der Betrieb auf mehreren Linien wegen einer Reihe absichtlicher Türblockaden teilweise eingestellt worden sei. Auf den Straßen bildeten sich lange Staus. Am Flughafen der Stadt mussten etwa 200 Flüge gestrichen werden, da sich zahlreiche Mitarbeiter für den Streik krank gemeldet hatten.
Die Regierungskritiker wollen unter anderem den Verkehr in der Millionenmetropole lahmlegen. Hunderte maskierte und in schwarz gekleidete Demonstranten blockierten Straßen, entzündeten Feuer und übersprühten Ampeln mit Farbe. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Protestierer vor. 82 Menschen wurden in Gewahrsam genommen.
Inzwischen begannen wie angekündigt Kundgebungen in sieben Bezirken der Stadt. Mindestens 24.000 Menschen aus 20 Sektoren wollen sich an dem Streik beteiligen, wie die Organisatoren mitteilten.
Schon mehrere Festnahmen
Schon vor Beginn des Generalstreiks kam es erneut zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften. Dabei seien 44 Menschen festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Sie setzte wieder Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam verurteilte die anhaltende Gewalt bei Demonstrationen. Die "weitreichenden Störungen", die seit Wochen andauerten, hätten "die Stadt an den Rand einer sehr gefährlichen Situation gebracht", sagte sie auf ihrer ersten Pressekonferenz seit mehr als zwei Wochen. Die Demokratie-Aktivisten wollten das Leben der mehr als sieben Millionen Bewohner "zerstören". Die Regierung sei entschlossen, "Recht und Ordnung in Hongkong durchzusetzen und das Vertrauen wiederherzustellen".
Der große Streik soll den Demonstrationen vom Wochenende folgen, bei denen Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangenen waren. Die Proteste hatten sich vor rund zwei Monaten an Plänen der Regierung für ein Gesetz zur Auslieferung von Beschuldigten nach China entzündet.
Die Kundgebungen richten sich inzwischen auch gegen Regierungschefin Lam, der Kritiker eine zu große Nähe zur Regierung in Peking vorwerfen. Zudem fürchten die Demonstranten um Freiheitsrechte, die der früheren britischen Kronkolonie nach der Übergabe an China 1997 eingeräumt wurden, und fordern mehr Demokratie. Die Führung in Peking richtete zuletzt deutliche Drohungen an die Protestbewegung in Hongkong.
Lam hat das Gesetz zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China mittlerweile zwar für "tot" erklärt. Die Proteste haben sich aber zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei entwickelt.
gri/nob/kle (dpa, rtr, afp)