Generalstreik in Griechenland
12. November 2015Schulen, Behörden, archäologische Stätten und Museen bleiben geschlossen. Krankenhäuser behandeln nur noch Notfälle. Fähren, Bahnen und U-Bahnen fahren nicht, Inlandsflüge werden gestrichen. Radio- und Fernsehstationen senden keine Nachrichten. Auch Anwälte und Apotheker wollen ihre Arbeit niederlegen.
Kurzum: Die griechischen Gewerkschaften legen mit einem Generalstreik das öffentliche Leben in dem hochverschuldeten Land weitgehend lahm. Rund 16.000 Menschen sind ersten Schätzungen zufolge dem Aufruf gefolgt. Der Ausstand richtet sich gegen weitere Sparmaßnahmen, darunter etwa Steuererhöhungen und zusätzliche Einschnitte bei den Renten. Bei Straßenprotesten mit mehreren Tausend Teilnehmern kam es zu Krawallen. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten ein, die ihrerseits Brandsätze warfen.
Tauziehen mit den Gläubigern: kein Ende in Sicht
Es ist der erste derartige Streik während der Amtszeit von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Angesichts des drohenden Staatsbankrotts hatten sich die Euro-Länder und die griechische Regierung Mitte August auf ein neues Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro über die kommenden drei Jahre geeinigt. Es sieht eine Reihe von Auflagen und Reformen vor, die Athen erfüllen muss. Derzeit liegt die linksgeführte Regierung in Athen wieder im Clinch mit den Gläubigern der Euro-Länder.
Die Euro-Finanzminister verschoben am Montag erneut einen Beschluss zur Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von zwei Milliarden Euro und gaben Griechenland eine Woche mehr Zeit, geforderte Reformen umzusetzen. Athen will aber massenhafte Pfändungen von Immobilienbesitz bei überschuldeten Privathaushalten verhindern. Die griechischen Reformfortschritte werden seit Mittwoch von den Kontrolleuren der Geldgeber geprüft. Medienberichten zufolge plant die Regierung Athen, diese Woche die noch offenen Forderungen zu bearbeiten, um doch noch einen Transfer von zunächst zwei Milliarden Euro freigeschaltet zu bekommen.
Enttäuscht von der ehemaligen Lichtgestalt
Die Wut der Griechen richtet sich zunehmend nicht nur gegen die EU-Gläubiger, sondern gegen Tsipras selbst. Zum Generalstreik riefen nicht nur die drei wichtigsten Gewerkschaftsverbände Adedy, GSEE und Pame auf, sondern auch enttäuschte Politiker aus Tsipras' eigener Partei Syriza. "Die Regierung hat nicht nur die Sparmaßnahmen geschluckt, sie mutiert sogar zum prominenten Befürworter der Sparpolitik", sagte Jorgos Tzolopoulos, Mitarbeiter der Athener Denkfabrik ELIAMEP, im Gespräch mit der Deutschen Welle. 24 Stunden soll der Generalstreik dauern. Kommende Woche wollen auch die griechischen Landwirte gegen die Sparpolitik der Regierung mobil machen.
hk/haz (dpa/afpd)