Gemischte Reaktionen auf Nordkoreas Teststopp
21. April 2018Das Wichtigste in Kürze:
- Vor den geplanten Gipfeltreffen mit Südkorea und den USA hat Nordkorea angekündigt, ab sofort seine Atomwaffen- und Raketentests auszusetzen
- Die USA, Südkorea und Nordkoreas Verbündeter China begrüßen die Ankündigung; Japan reagiert verhalten
- Ob Nordkorea weitere Atomsprengköpfe baut, bleibt unklar
China hat die Aussetzung der Atom- und Raketentests durch Nordkorea begrüßt. Die Entscheidung, "Atomtests zu stoppen und sich auf die Entwicklung der Wirtschaft zu konzentrieren und die Lebensstandards der Menschen zu verbessern" sei ein Beitrag, "die Lage auf der koreanischen Halbinsel weiter zu entspannen", erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Lu Kang in Peking.
Auch würden die Denuklearisierung und eine politische Lösung damit vorangebracht, so Lu weiter. "Es ist zu hoffen, dass alle betroffenen Parteien sich in die gleiche Richtung bewegen und konkrete Schritte ergreifen, um nötige Bemühungen zu unternehmen, anhaltenden Frieden und gemeinsame Entwicklung in der Region zu erreichen." China werde Nordkorea durch Konsultationen mit allen Parteien unterstützen, um ihren Sorgen zu begegnen und die Beziehungen untereinander zu verbessern. China ist der einzige größere Verbündete der Regierung in Pjöngjang.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, dies sei ein lange erhoffter Schritt auf einem Weg, der nun zur völligen, nachweisbaren und unumkehrbaren Denuklearisierung des asiatischen Landes führen müsse. Die EU hoffe, dass die angekündigten Gipfel Süd- und Nordkoreas sowie Nordkoreas und der USA konkrete positive Ergebnisse bringen würden. Die EU selbst werde ihre eigene Politik des kritischen Engagements fortsetzen, eine Kombination von starkem Druck auf Nordkorea und Offenheit für Gespräche, fügte sie hinzu.
In Russland waren erste Reaktionen ebenfalls positiv. Die Entscheidung Nordkoreas, seine Atom- und Raketentests einzustellen sei eindeutig "die Chance auf eine Deeskalation der Spannungen, die sich noch vor ein, zwei Monaten bis an den Rand eines Atomkriegs aufgeschaukelt hatten", schrieb der Außenpolitiker Konstantin Kossatschow auf Facebook. Der Vorsitzende des Außenausschusses im Föderationsrat forderte aber weitere Schritte: Nordkorea müsse sich wieder an die Regeln des Atomwaffensperrvertrags halten, die USA sollten eindeutige Zeichen der Entspannung an Nordkorea senden.
Zuvor hatten bereits die USA und Südkorea die Ankündigung begrüßt. Zu den jüngsten Berichten aus Pjöngjang schrieb US-Präsident Donald Trump auf Twitter: "Das sind sehr gute Neuigkeiten für Nordkorea und die Welt." Er freue sich auf den Gipfel.
Die südkoreanische Regierung begrüßte den Teststopp als "bedeutsamen Fortschritt für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel, die sich die Welt wünscht". Sie diene zudem als "sehr positive Grundlage" für das nahende Gipfeltreffen.
Japan reagierte hingegen verhalten. Man werde sehen, ob der Schritt zu einer nachweisbaren und unumkehrbaren Beseitigung des Arsenals an Massenvernichtungswaffen führe, sagte Ministerpräsident Shinzo Abe. Sein Verteidigungsminister Itsunori Onodera wies zudem darauf hin, dass in der Erklärung Nordkoreas nur auf den Teststopp für ballistische Langstreckenraketen Bezug genommen werde - nicht aber auf Tests mit Kurz- und Mittelstreckenraketen, in deren Reichweite sich Japan und Südkorea als Nachbarstaaten befinden. Deshalb sei die Erklärung "unbefriedigend" und "unzureichend".
Nordkoreas Machthaber hatte nach Angaben von Staatsmedien die sofortige Aussetzung seiner Atom- und Raketentests bei einer Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei verkündet. Kim Jong Un begründete den Schritt nach Berichten staatlicher Medien unter anderem mit der Vollendung des nordkoreanischen Atomprogramms - dieser "große Sieg" mache weitere Tests unnötig. Nordkorea hatte bereits nach dem Test einer Interkontinentalrakete im vergangenen November erklärt, die Entwicklung zur Atomstreitmacht sei abgeschlossen. Die USA als Erzfeind und Verbündeter Südkoreas befänden sich in Reichweite nordkoreanischer Langstreckenraketen.
Die nukleare Testanlage Punggye-ri im Nordosten des Landes soll laut der nordkoreanischen Staatsagentur KCNA komplett geschlossen werden, um die Absicht zur Aussetzung der Atomtests zu bekräftigen. In der Anlage hatte Nordkorea seit 2006 all seine sechs bisherigen Atomwaffentests unternommen - auch den bisher letzten und stärksten im September vergangenen Jahres. Auch die Arbeit daran, Atomsprengköpfe auf ballistische Raketen zu montieren, sei beendet. Ballistische Raketen sind in der Regel Boden-Boden-Raketen, die mit konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengköpfen bestückt werden.
Zudem wurde ein Wechsel des politischen Kurses angedeutet, mit dem sich das abgeschottete und verarmte Land künftig stärker auf die Entwicklung der Wirtschaft konzentrieren wolle. Nicht zuletzt durch internationale Sanktionen liegt der kommunistische Staat mit seinen rund 25 Millionen Einwohnern wirtschaftlich am Boden.
Die jüngsten Entspannungssignale passen zum vorsichtigen Annäherungskurs Nordkoreas seit Beginn des Jahres. Nach Angaben des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In ist Nordkorea zur kompletten Denuklearisierung bereit. Kim verlange aber eine Ende der "feindseligen Politik" der USA und eine Sicherheitsgarantie. Moon und Kim wollen nächsten Freitag im Grenzort Panmunjom zum erst dritten gesamtkoreanischen Gipfeltreffen seit Ende des Korea-Kriegs (1950-1953) zusammenkommen.
Geheimbesuch in Pjöngjang
Neben dem Ende des nordkoreanischen Atomprogramms will Moon auch über Bedingungen eines dauerhaften Friedens auf der koreanischen Halbinsel reden. Geplant ist auch ein Gipfeltreffen zwischen Kim und US-Präsident Trump, möglicherweise Anfang Juni. Als Gesandter Trumps war der CIA-Chef und designierte US-Außenminister Mike Pompeo bereits kürzlich von Kim zu einem Geheimbesuch in Nordkorea empfangen worden.
Zukunft des Atomprogramms offen
Auffällige Lücken in der jüngsten Erklärung aus Pjöngjang sorgen allerdings auch für Skepsis. So ist von einem gänzlichen Verzicht auf das Atomprogramm, wie es die internationale Gemeinschaft von Pjöngjang fordert, in dem Bericht nicht die Rede. Auch blieb offen, inwiefern die kommunistische Führung bereit ist zum Verzicht auf den Bau weiterer Atomsprengköpfe und Raketen, geschweige denn zum Abbau ihres bestehenden Arsenals.
Der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm gehört seit Jahren zu den gefährlichsten Konflikten der internationalen Politik. Die Spannungen hatten sich 2017 deutlich verschärft, nachdem Nordkorea mehrfach Raketen und eine weitere Atombombe getestet und damit gegen UN-Resolutionen verstoßen hatte. Die UNO, die USA, die EU und andere hatten mehrfach Sanktionen gegen Nordkorea verhängt, sogar das Verhältnis zum wichtigsten Verbündeten China kühlte sich deutlich ab.
stu/sam (afp, dpa, rtr)