Vorwürfe gegen geläuterten Islamisten
4. Oktober 2016Das sich geläutert gebende frühere IS-Mitglied Harry S. hat nach Informationen des deutschen Fernsehens möglicherweise doch an der Ermordung von Gefangenen mitgewirkt. Während der 28-Jährige vor dem Hamburger Oberlandesgericht eine Beteiligung an einer Hinrichtung bestritt, hat er nach gemeinsamen Recherchen der ZDF-Sendung "Frontal 21" und der "Washington Post" an einer Erschießung von sieben Gefangenen im syrischen Palmyra mitgewirkt.
Wie das ZDF mitteilte, sei auf einem bisher unveröffentlichten Video deutlich zu sehen, wie der Deutsche seine Pistole zieht, durchlädt und auf die Opfer zielt. Obwohl der eigentliche Schuss verdeckt werde, gingen Waffenexperten davon aus, dass Harry S. gefeuert habe. Als der Blick auf ihn wieder frei wird, stecke er die Pistole wieder zurück in sein Schulterholster, so das ZDF.
"Nur eine Fahne getragen"
Das den beiden Medien aus dem IS-Umfeld zugespielte Video zeige auch, wie Harry S. kurz vor der Erschießung eines der Opfer in die Reihe mit den anderen zwingt. Bisher hatte der Bremer in Vernehmungen und Interviews eine unmittelbare Tatbeteiligung bestritten. Er sei nur dabei gewesen und habe für einen Propagandafilm eine Fahne getragen.
Sein Verteidiger wollte sich auf Nachfrage der dpa zu den Vorwürfen nicht äußern. Für die Frage, ob dem Mann möglicherweise ein weiterer Prozess droht, war die zuständige Bundesanwaltschaft zunächst nicht zu erreichen. Im Juli hatte das Oberlandesgericht Hamburg S. zu drei Jahren Haft verurteilt.
Das Gericht wertete vor allem das "rückhaltlose" Geständnis als strafmildernd. Der Angeklagte habe sich vom IS losgesagt. "Sie sind heute kein Terrorist mehr", sagte der Vorsitzende Richter damals. Durch seine Aussagen habe der Harry S. tiefe Einblicke in die Terrororganisation gegeben. Er habe die Namen von Leuten genannt, die er aus Bremen kenne.
stu/fab (dpa, heute.de)