Geld verdienen mit Kaffee
13. Februar 2021An mangelnder Zahlungsbereitschaft der Kunden können die Probleme im internationalen Kaffeehandel nicht liegen: Manche Kaffeetrinker geben schließlich fast 100 Euro für ein Pfund Kaffee aus.
Soviel kosten jedenfalls die Kaffeekapseln "Barista Creations Trio" im deutschen Amazon-Shop von Nespresso, das zum Schweizer Nestlé-Konzern gehört - zumindest dann, wenn man die wenigen Gramm Kaffeepulver, die jede Kapsel enthält, hochrechnet auf das handelsübliche Pfund (500g).
Nun gibt es natürlich auch weniger teure Kapseln, und normaler Röstkaffee im Supermarkt ist ohnehin günstiger (ab circa vier Euro pro Pfund). Doch das Beispiel mit den Nespresso-Kapseln zeigt die gewaltige Schieflage im internationalen Kaffeegeschäft.
Auf dem Weltmarkt kostete ein Pfund ungerösteter Kaffeebohnen im Januar nur zwischen umgerechnet 0,65 und 1,05 Euro pro Pfund, je nachdem, ob es sich um Arabica- oder einfachere Robusta-Sorten handelt.
Die Zahlen stammen von der International Coffee Organisation (ICO) mit Sitz in London und sind umgerechnet, weil im Kaffeehandel mit angloamerikanischen Pfund à 453 Gramm oder in Tausend Säcken à 60 Kilogramm gerechnet wird.
200 Milliarden Dollar pro Jahr
Kaffee ist ein gewaltiges Geschäft. Die ICO schätzt das Jahresvolumen weltweit auf rund 200 Milliarden US-Dollar (165 Milliarden Euro). Doch nur ein Zehntel davon wird in den Ländern verdient, wo der Kaffee angebaut wird - in Süd- und Mittelamerika, Asien und Afrika. Der Löwenanteil geht an die Konzerne in Europa und den USA.
Sie schaffen den sogenannten Mehrwert. Dazu gehört das Rösten, Verpacken und Vermarkten - und auf die Idee, das Pulver grammweise in Aluminium- oder Plastikkapseln zu verkaufen, muss man ja auch erst einmal kommen.
Was aber müssen die Erzeugerländer tun, wenn Sie ein größeres Stück vom Kuchen haben wollen? Immerhin würde das gesamte Geschäft ohne ihre Kaffeebohnen nicht funktionieren.
Forscher des Kieler Instituts für Weltwirschaft (IfW) haben den internationalen Kaffeehandel unter die Lupe genommen. Demnach hat sich der Wert der Kaffee-Exporte in den vergangenen 30 Jahren mehr als vervierfacht auf rund 36 Milliarden Dollar, aber vor allem zu Gunsten der Kaffeekonzerne in den Industrieländern.
Ihre Analyse zeigt: Wer mehr will, muss Mehrwert schaffen - also nicht nur Bohnen produzieren, sondern auch die nachfolgende Verarbeitung übernehmen.
"Dafür müssen sie aber erst einmal investieren", sagt Wan-Hsin Liu, Ko-Autorin der IfW-Studie. "Doch in den Anbauländern fehlt dafür meist das Kapital. Auch haben sie wenig Erfahrung in industrieller Produktion." Beides aber sei wichtig, wenn man in der Wertschöpfungskette aufsteigen will, so die Ökonomin zur DW.
Kein Geld, kein Marketing - und ein Transportproblem
Doch selbst wenn diese Hürden überwunden würden, wartet schon das nächste Problem - zumindest für die Produzenten von Arabica-Bohnen (Coffea Arabica). Sie machen rund 60 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion aus, bringen höhere Preise und werden meist zu Röstkaffee verarbeitet. Die wichtigsten Anbauländer von Arabica sind Brasilien, Kolumbien, Äthiopien, Honduras und Peru.
Würden diese Länder, in der Hoffnung auf höhere Einnahmen, auch das Rösten der Bohnen übernehmen, hätten sie ein Transportproblem.
"Wenn Röstkaffee über lange Strecken transportiert wird, gibt es Geschmackseinbußen", sagt Liu. "Der Kaffee kommt also nicht mehr so gut bei den Konsumenten in den meist westlichen Ländern an. Außerdem konkurriert er dort dann mit den etablierten Marken. Und für große Marketingaktivitäten oder den Aufbau eigener Marken fehlt den Produzenten aus den ärmeren Ländern das Geld."
Vietnam ist es trotzdem gelungen, Mehrwert zu generieren - allerdings mit der Bohnensorte Robusta (Coffea canephora), deren weltgrößter Produzent das Land ist, gefolgt von Brasilien, Indonesien, Uganda und Indien. Robusta-Bohnen bringen auf dem Weltmarkt weniger ein und werden oft zu Instant-Kaffee verarbeitet - und der lässt sich auch ohne Geschmackseinbußen über längere Strecken transportieren. Hier sah Vietnam seine Nische.
"Vietnam hat in den letzten Jahren angefangen, nicht nur Kaffeebohnen zu exportieren, sondern zunehmend auch löslichen Kaffee", sagt Liu. Mit einigem Erfolg: Inzwischen hat es einen Anteil von drei Prozent an den Exporten löslichen Kaffees und verdient damit rund 150 Millionen Dollar zusätzlich. Selbst beim Export von Röstkaffee macht das Land inzwischen Fortschritte.
Schweiz: Gewusst wie
Wie man richtig viel Geld verdient, ohne überhaupt Kaffee zu produzieren, zeigt dagegen die Schweiz. Das kleine Land ist für fast 25 Prozent der weltweiten Röstkaffee-Exporte verantwortlich und nimmt dabei mehr als zwei Milliarden Dollar pro Jahr ein.
"Dabei spielt auch der Kapselkaffee eine Rolle", sagt IfW-Forscherin Liu. "Die Schweizer Konzerne haben neue Arten geschaffen, Kaffee zu konsumieren, und ihr Marketing hat das mit einem modernen Lebensstil verbunden."
Besserer Anbau
Für die Kaffeebauern bleibt das Geschäft mit der Bohne dagegen hart. Die ICO spricht von "Überangebot, niedrigen Preisen, geringen Einkommen und geringer Produktivität." Auch können Bauern nicht mal eben etwas anderes anpflanzen, wenn die Preise im Keller sind, weil sie auf ihre Kaffeebäume und -sträucher angewiesen sind.
Meist bleibt den Bauern nur, ihre Anbaumethoden zu modernisieren, mit dem Ziel, höhere Erträge und bessere Qualität zu erreichen. Einige Kaffeekonzerne haben dazu Schulungsprogramme aufgelegt. Im besten Fall entstehen so langfristige Beziehungen zwischen Erzeugern und Abnehmern.
Die Zollregeln der EU unterstützen zudem den Status Quo. Rohe Kaffeebohnen aus Entwicklungs- und Schwellenländern können zollfrei eingeführt werden. Bei Produkten mit höherem Mehrweit, also etwa Röstkaffee, fallen fast zehn Prozent Zollgebühren an.