Gekidnappt, vergewaltigt, verwaist - Das Leid der Rohingya-Kinder
Die Lage hunderttausender nach Bangladesch geflohener Rohingya bleibt katastrophal. Und einmal mehr sind es Kinder, die die schlimmsten Verletzungen davontragen. Das zeigt die Foto-Reportage von John Owens.
Erschossen und erstochen
Seit August sind mehr als 600.000 Rohingya von Myanmar nach Bangladesch geflohen. "Am Tag, als das Militär kam, haben sie das Dorf niedergebrannt und meine Mutter erschossen, als sie zu fliehen versuchte. Mein Vater konnte nicht laufen, also haben sie ihn erstochen", sagt der zehnjährige Mohammed Belal, dem die Flucht aus seinem Dorf gelang.
Verfolgt vom Trauma
Auch Mohammeds Schwester Nur musste das Massaker mitansehen. Sie und ihr Bruder leben jetzt in einem Heim in Bangladesch. Hier können sie spielen und bekommen regelmäßige Mahlzeiten. Viel fehlte nicht, und sie und ihr Bruder wären auf der Flucht aus Myanmar verhungert. Noch immer verfolgen sie die Belastungen der letzten Wochen. "Ich vermisse meine Eltern, meine Heimat, mein Land", sagt Nur.
Ein tiefverwurzelter Konflikt
Die Auseinandersetzung zwischen der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung und der muslimischen Minderheit in Myanmar dauert seit 70 Jahren an und geht auf die Unabhängigkeit Myanmars nach dem 2. Weltkrieg zurück. Seit 2016 forderte der Konflikt mehr als 2000 Opfer - darunter die Mutter des zwölfjährigen Rahman. "Sie zündeten unser Haus an, und meine Mutter verbrannte", berichtet er.
Internationale Hilfe
Die 15 Jahre alte Dilu-Aara kam mit ihrer Schwester Rojina ins Flüchtlingslager Kutupalong, nachdem sie miterleben musste, wie das Militär ihre Eltern umbrachte: "Ich schrie die ganze Zeit, und die Kugeln flogen über unsere Köpfe. Irgendwie bin ich da herausgekommen." 60 Prozent der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch sind Kinder.
Gejagt wie Tiere
Jaded Alam ist eines der Waisenkinder in Kutupalong. Zum Glück kümmert sich seine Tante um ihn - und das sehr gut, wie er sagt. Jaded wuchs im Dorf Mandi Para auf und liebte es, dort Fußball zu spielen. Alles änderte sich mit dem Angriff des Militärs: "Sie sagten, wir sollten unser Haus verlassen. Als ich mit meinen Eltern fortlief, haben sie sie erschossen. Sie waren sofort tot."
Kindesentführungen
Nicht alle Familien wurden schon auf der Flucht getrennt. Rahman Ali durchkämmt das Flüchtlingscamp seit Wochen auf der Suche nach seinem zehnjährigen Sohn Zifad. Seit Jahren gehen im Lager Gerüchte über Kindesentführungen um. Rahman befürchtet, Zifad könne Opfer von Menschenhändlern geworden sein: "Ich kann nicht essen, nicht schlafen", sagt er. "Ich bin so aufgewühlt, dass ich verrückt werde."
"Ich konnte keinen Schmerz empfinden"
Als der Beschuss begann, tat Sokina Khatun alles, was sie konnte, um ihre Kinder zu schützen. Aber sie konnte die 15-Jährige Yasmine nicht retten, und auch nicht die 20 Jahre alte Jamalita, die sich im Nachbardorf versteckt hatte. Die Kehlen wurden ihnen durchschnitten, unter den Augen ihrer Großeltern. "Ich war wie betäubt, konnte keinen Schmerz empfinden."
Überfallen, vergewaltigt und ausgeraubt
Yasmine glaubt, 15 Jahre alt zu sein, sieht aber deutlich jünger aus. Im Dorf spielte sie gern mit Murmeln oder streifte durch die Felder. Jetzt aber gehen ihr andere Erinnerungen nach: Der Angriff der Truppen aus Myanmar, die Ermordung ihres Vaters und ihrer Brüder - und die Vergewaltigung durch eine Gruppe burmesischer Soldaten. "Es war so schmerzhaft", sagt sie.