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Aus Brot wird Strom

Anne-Sophie Brändlin (glh)25. Oktober 2013

Rund ein Drittel aller Lebensmittel landet jährlich weltweit im Müll. Das belastet nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel. Doch der Kampf gegen die Verschwendung braucht viel Organisation und Kraft.

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Lebensmittel liegen in einer Mülltonne. (Foto: Frank May/ dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Bis zu 700 britische Pfund (830 Euro) schmeißt eine durchschnittliche Familie in Großbritannien pro Jahr weg. So viel sind die nicht gegessenen Lebensmittel wert, die dort jährlich im Abfall landen. Diese Zahl ergab sich aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der britischen Nichtregierungsorganisation WRAP (Waste and Resources Action Programme, deutsch: Abfall- und Ressourcen-Aktionsprogramm).

Allein die Zulieferer und Kunden der größten britischen Supermarktkette Tesco verschwenden pro Jahr 60.000 Tonnen Lebensmittel. Das will Tesco nun ändern: Angebote wie "Kauf drei, zahl zwei" oder übergroße Packungen soll es bei Tesco zukünftig seltener geben. Sie motivierten die Kunden dazu, mehr zu kaufen, als sie brauchten, so Tesco. Außerdem möchte das Unternehmen zukünftig enger mit Erzeugern zusammen arbeiten, die Transportwege der Lebensmittel verbessern und Kunden mehr Tipps zur Aufbewahrung von Lebensmitteln geben.

Doch nicht nur in Großbritannien werden Lebensmittel unverzehrt in den Müll geschmissen. Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem und müsse auf allen Ebenen angegangen werden, sagt Divine Nije von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO).

Frau kauft in einem Supermarkt Lebensmittel ein. (Foto: picture alliance/chromorange)
Mehr als genug: Das Angebot in vielen europäischen Supermärkten ist großBild: picture alliance/chromorange

Kleinere Portionen und Reste wieder verwerten

"Man muss zunächst ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Lebensmittelverschwendung ein Problem ist. Das heißt wir sollten bei den Konsumenten beginnen", sagt Divine Nije im Gespräch mit der DW. Kleinere Portionen auf die Teller, Reste wiederverwerten, Einkäufe langfristig planen und übrig gebliebenes Essen an Hilfsbedürftige spenden, empfiehlt die FAO den Verbrauchern.

Doch nicht nur die Konsumenten sind schuld an dem Dilemma, so Nije. Auch andere Akteure in der Lebensmittelkette, wie Regierungen oder internationale Organisationen, müssten ihre Einstellung zu Lebensmitteln ändern.

Beispielsweise gebe die Landwirtschaftspolitik in vielen entwickelten Ländern starke Anreize für Bauern, mehr zu produzieren als gebraucht wird, sagt Nije. "Außerdem ist unsere Technologie uneffizient. Das trägt mit zu dem Problem bei." So fehle es schlichtweg an den nötigen Mitteln, um die Verluste in der Produktionskette zu reduzieren. Beispielsweise für neue Technologien, die verderbliche Lebensmittel länger frisch halten könnten.

Lebensmittelabfall in Energie umwandeln

Das deutsche Unternehmen ReFood hat seinen eigenen umweltfreundlichen Weg gefunden, mit übrig gebliebenen Lebensmitteln umzugehen. Die Firma holt Essens- und andere Küchenreste, die in der Lebensmittelindustrie entstehen, bei Supermärkten und Restaurants ab und wandelt diese dann in Energie um.

"In Deutschland sind Unternehmen, die mit Lebensmitteln arbeiten, gesetzlich dazu verpflichtet, sich um die Entsorgung der Nahrungsmittel zu kümmern", sagt Nicolas Boy von ReFood der DW. "Man darf seine Reste nicht einfach auf eine Mülldeponie bringen. Das Essen würde dort verderben und das Treibhausgas Methan produzieren."

Mülltauchen, Foodsharing - gegen den globalen Wegwerfwahnsinn

Also lieber recyceln, hat sich ReFood gedacht: Aus Kartoffeln und Möhren entsteht Biodiesel oder Biogas. "Das Ganze ist ein sehr komplizierter Prozess, der viel Planung benötigt", sagt Boy. "Die Abfälle müssen zunächst zerkleinert und sortiert werden. Dann erhitzen wir sie auf 70 Grad, um Keime abzutöten. Erst dann kann die Biomasse an die Biogasanlagen geliefert werden."

Doch der Aufwand lohnt sich: Neben der Energie, die bei dem Prozess entsteht, kann man aus dem Übriggebliebenen auch noch organischen Dünger herstellen, den Landwirte wiederum nutzen können.

Private Haushalte weiterhin problematisch

So sinnvoll und nachhaltig diese Herangehensweise auch ist, kann er vorerst nur für Lebensmittelabfälle angewendet werden, die bei kommerziellen Anbietern anfallen. Private Haushalte sind von diesem System noch ausgeschlossen. Doch genau da fällt in Deutschland am meisten Lebensmittelabfall an.

Ein Verbraucher greift nach einem Paket dänischer Margarine. (Foto: Carsten Rehder dpa/lno)
Private Verbraucher sollten nur das Nötigste kaufenBild: picture-alliance/dpa

"Man müsste etwas am kompletten System ändern", sagt Boy. "Den Essensmüll privater Haushalte kann man nur reduzieren, wenn Politiker Gesetze für das Recycling von Lebensmitteln verabschieden würden. Das könnte sehr teuer werden und braucht eine Menge Organisation."

Deutschland ist das erste Land in Europa, das kommerzielle Nahrungsmittelproduzenten verpflichtet, seine Lebensmittel professionell zu entsorgen. Frankreich folgte dem deutschen Beispiel. Seit 2012 regelt auch dort ein Gesetz die Entsorgung von Lebensmittelresten kommerzieller Anbieter.

Nun ist auch der Rest Europas gefragt: Es muss ein Bewusstsein für das Problem geschaffen werden und man muss neue Wege finden, mit Lebensmittelabfällen umzugehen, sagen Experten.

Und eigentlich sei es gar nicht so schwierig, gegen die Verschwendung von Lebensmitten vorzugehen, sagt Divine Nije: "Wir sprechen schließlich über die Verschwendung von Essen. Dieses Essen, das wir wegschmeißen, kann anderswo auf der Welt den Hunger beenden."