Japan gedenkt der Opfer
11. März 2016Um genau 14:46 Uhr Ortszeit (6:46 Uhr MEZ) senkte sich an diesem Freitagmorgen Stille über das Land - zu diesem Zeitpunkt begann am 11. März 2011 das verheerende Beben. Mit 9,0 auf der Richterskala war es das bisher schwerste in Japans Geschichte - mit fatalen Folgen: Flutwellen überschwemmen große Teile der Küste im Nordosten, im Atomkraftwerk Fukushima fallen Kühlsysteme aus, in drei Reaktoren kommt es zu Kernschmelzen, Radioaktivität tritt aus. Infolge der Katastrophe kamen nach jüngsten Angaben der japanischen Behörden mehr als 15.800 Menschen ums Leben, mehr als 2500 gelten noch immer als vermisst.
Regierung will Wiederaufbau vorantreiben
Auf der zentralen Gedenkfeier in Tokyo, an der auch Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko teilnahmen, versprach Premierminister Shinzo Abe den Wiederaufbau der besonders betroffenen Region Tohoku schneller voranzutreiben. Die Regierung plant, alle evakuierten Zonen im März kommenden Jahres wieder freigeben zu können. Ausnahmen davon sollen für die besonders stark kontaminierten Gebiete in direkter Nähe zur Atomruine von Fukushima gelten.
Für den schnelleren Wiederaufbau versprach Abe, einen neuen Fonds einzurichten. Auch will der Regierungschef mehr ausländische Touristen in die Region locken, damit diese sich einen eigenen Eindruck von den Arbeiten verschaffen könnten. Bewohner der betroffenen Gebiete kritisieren, der versprochene Wiederaufbau werde allem für die Olympischen Spiele im Jahr 2020 vorangebracht und weniger für die Menschen vor Ort.
Schwerster Atomunfall seit Tschernobyl
Die Region Tohoku leidet immer noch stark unter den Folgen der Atomkatastrophe. So wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die Atomruine in Fukushima vollständig zurückgebaut ist. Immer noch müssen Zehntausende Menschen weiterhin in containerähnlichen Behelfsunterkünften hausen. Insgesamt waren mehr als 100.000 Menschen nach der Reaktorkatastrophe wegen der Strahlenbelastung umgesiedelt worden.
Die Atomkatastrophe von Fukushima gilt als schwerster Atomunfall seit dem von Tschernobyl im Jahr 1986. Direkt nach dem GAU wurden sämtliche Reaktoren in Japan abgeschaltet, um sie neuen verschärften Sicherheitsvorgaben anzupassen. Die Betreiberfirmen und Regierungschef Shinzo Abe dringen seit langem darauf, die Reaktoren wieder hochzufahren. In der Bevölkerung, die bis zum Unglück der Atomkraft weitgehend unkritisch gegenüberstand, gibt es seit Fukushima aber starke Vorbehalte gegen die Wiederinbetriebnahme der Reaktoren. Die Katastrophe hatte auch Konsequenzen weit über Japan hinaus, so führte sie in Deutschland zur Abkehr von der Atomenergie und zur Energiewende.
Durch die Atomkatastrophe drohen der japanischen Bevölkerung nach Einschätzung zweier Nichtregierungsorganisationen in Zukunft rund 10.000 neue Krebsfälle. Wie die beiden Organisationen PSR und IPPNW, in denen vor allem von Ärzten zusammengeschlossen sind und die die Atomenergie ablehnen, kürzlich in einem Bericht erklärten, werden die Folgen des Unfalls für die öffentliche Gesundheit Japan "noch jahrelang plagen". Dies dürfe von den Anhängern der Nuklearenergie "nicht unter den Teppich gekehrt werden".
cw/mm (dpa, afp, ape, rtre)