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Exportschlager duale Ausbildung

Naomi Conrad, z.Zt. Bangalore8. Februar 2014

Bundespräsident Gauck hat die indische Wirtschaftsmetropole Bangalore besucht. Er fordert, Indien müsse mehr für Menschen ohne akademische Bildung tun - zum Beispiel mit einer Ausbildung nach deutschem Modell.

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Gauck in Indien 07.02.2014 Besuch bei Bosch
Bild: Reuters

Der riesige Pulk aus Kameramännern, Fotografen und Diplomaten trottet hinter dem Bundespräsidenten von einer großen Maschine zur nächsten, an der die Auszubildenden von Bosch Indien in ihren Uniformen Spalier stehen. Ein paar von ihnen hantieren an den Schrauben, bohren und schleifen ein bisschen. So ganz genau wisse er nicht, wer dieser alte Herr sei, sagt ein Auszubildender im zweiten Lehrjahr und zupft etwas unsicher an seiner grauen Latzhose. Nur so viel: "Das ist ein wichtiger Besuch." Sonst hätte er nicht so strikte Anweisungen von seinem Ausbildungsleiter bekommen, sich bloß zu benehmen. Er verzieht den Mund: Ob er das jetzt so habe sagen dürfen?

Joachim Gauck ist auf Staatsbesuch in Indien, um die größte Demokratie Asiens zu würdigen und auch kritische Töne anzuschlagen. Der Freitag (07.02.2014) im südindischen Bangalore aber ist ganz der dualen Ausbildung gewidmet. Auf dem Programm stehen ein Besuch bei der indischen Softwarefirma Infosys sowie das Ausbildungszentrum von Bosch. Der Konzern hat bereits Anfang der 1960er Jahre eine Lehrwerkstatt in Bangalore nach deutschem Vorbild aufgebaut.

Ambitionierte Pläne

Der Präsident wird extra vor eine große Vitrine gelotst, in der etliche Goldmedaillen aufgereiht sind: Bosch ist eine von wenigen Firmen, die in Indien ausbilden. Dabei herrscht dort ein Fachkräftemangel: Jeden Monat strömen Hunderttausende junge Inder auf den Arbeitsmarkt, viele von ihnen verfügen aber nur über eine geringe schulische Bildung. Die indische Regierung hat sich deshalb das ambitionierte Ziel gesetzt, in nur acht Jahren 500 Millionen Menschen ohne akademische Ausbildung eine berufliche Lehre zu ermöglichen, um die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Gauck in Indien 07.02.2014 Infosys
Gauck bei seinem Besuch bei InfosysBild: Reuters

Ob er das für möglich hält, möchte der Bundespräsident nach dem Rundgang lieber nicht sagen. Nur so viel: "Es ist schön, wenn Weichen aufgestellt werden." Dann betont er noch, dass Deutschland mit seiner dualen Ausbildung, bei der die betriebliche Lehre mit der schulischen gekoppelt wird, ein Exportgut habe, das "wahrscheinlich noch wichtiger ist als unsere großartigen Automobile." Indien müsse jungen Menschen ohne akademische Ausbildung einen Zugang zum Arbeitsmarkt und damit zum Erfolg bieten. Deutschland zeige weltweit, "dass das funktioniert."

Dass es klappt, ist auch der deutschen Wirtschaft ein Anliegen. Teilnehmer der deutschen Wirtschaftsdelegation, die den Präsidenten begleitet, sind sich einig, dass in Indien ein großer Fachkräftemangel herrscht. Selbst bei indischen Universitätsabsolventen "müssen Sie einiges nachholen", sagt Georg Braun, Ehrenpräsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Er sei deshalb ein absoluter Anhänger der dualen Ausbildung.

Wettbewerbsvorteil für deutsche Unternehmen

Gleichzeitig könnten sich deutsche Unternehmen mit der Ausbildung einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz vor allem von japanischen, chinesischen und amerikanischen Firmen schaffen. Denn letztlich obliege es der Wirtschaft selbst, die Ausbildungsinfrastruktur zu schaffen: Die indische Regierung habe nicht die Möglichkeiten, selbst die nötigen Schulen und das geeignete Lehrpersonal zu stellen.

Gauck warb gleichzeitig bei einem Besuch in einer indischen Schule, die Deutsch als Fremdsprache anbietet, für die Zuwanderung nach Deutschland. "Wir haben Platz in Deutschland", sagte er den Schülern. Die deutsche Bevölkerung werde immer kleiner, weil viele Familien nur noch ein Kind oder gar keinen Nachwuchs hätten. "Deshalb warten wir auch auf Menschen aus anderen Teilen der Welt, die bei uns leben und arbeiten wollen. Darauf freuen wir uns schon."