Gaddafis Soldaten werfen Rebellen zurück
30. März 2011Die Truppen Gaddafis stießen am Mittwoch (30.03.2011) weiter in Richtung Osten vor und drängten die Rebellen auf Linien östlich der wichtigen Ölstadt Ras Lanuf zurück. Zudem beschossen Gaddafis Soldaten den Ort Brega. Ein Vertreter der Aufständischen teilte mit, die Rebellenverbände würden sich nach Adschdabija zurückziehen und dort eine neue Verteidigungslinie aufbauen. Über dem Kampfgebiet wurden nach Berichten von Korrespondenten NATO-Flugzeuge gesichtet, sie flogen aber offenbar keine größeren Angriffe.
Die Gaddafi-Einheiten rückten nach Rebellen-Angaben auch erneut gegen die Stadt Misrata vor. Mehrere Viertel seien von Raketen und Panzergeschossen getroffen worden, sagte ein Vertreter der Aufständischen. Damit haben die Aufständischen einen guten Teil des in den vergangenen Tagen gewonnenen Gebiets wieder verloren. Dank der Luftangriffe der NATO waren die Rebellen vor wenigen Tagen bis rund 100 Kilometer auf Sirte vorgestoßen, die Geburtsstadt Gaddafis. Der Diktator hat dort Truppen und schweres Kampfgerät zusammengezogen.
Rebellen wollen Waffen
Der Sprecher des libyschen Übergangsrats der Regimegegner, Mahmud Schammam, sagte vor Journalisten in London, mit der richtigen Ausrüstung könnten die Aufständischen Gaddafi in wenigen Tagen besiegen. "Wir bitten eher um politische Unterstützung als um Waffen", erklärte Schammam. "Wenn wir aber beides bekämen, wäre das großartig."
Unter den NATO-Staaten ist das Thema "Waffen für die Rebellen" allerdings hoch umstritten. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen lehnt eine Bewaffnung der Rebellen strikt ab. "Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen", sagte der NATO-Chef dem britischen Sender Sky News. Das westliche Verteidigungsbündnis hat an diesem Mittwoch offiziell das Kommando über den vom UN-Sicherheitsrat autorisierten Militäreinsatz in Libyen übernommen. Dessen Aufgabe ist es, die libysche Bevölkerung vor Angriffen der Truppen Gaddafis zu schützen. Zu diesem Zweck können, so die Resolution, "alle notwendigen Maßnahmen" ergriffen werden.
Alliierte halten Lieferungen für möglich
US-Präsident Barack Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton schließen hingegen Waffenhilfe für die libyschen Rebellen nicht aus. Clinton sagte nach der Libyen-Konferenz am Dienstag in London, nach Ansicht der USA habe die UN-Resolution "das absolute Verbot von Waffenlieferungen an jeden in Libyen außer Kraft gesetzt".
Eine ähnliche Position vertritt Großbritannien. Premierminister David Cameron erklärte in London, nach Auffassung der Rechtsberater seiner Regierung wäre eine Versorgung der Aufständischen mit Waffen gemäß der jüngsten UN-Resolution unter gewissen Umständen möglich. London schließe Waffenlieferungen daher nicht aus, habe aber noch keine Entscheidung getroffen.
Ablehnend äußerten sich China und Russland. Der chinesische Präsident Hu Jintao erklärte beim Besuch seines französischen Amtskollegen Nicolas Sarkozy in Peking, Ziel der UN-Resolution 1973 sei es, der Gewalt in Libyen ein Ende zu setzen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Wenn die Militäraktionen "unschuldigen Zivilisten" Unheil brächten und die "humanitäre Krise" verschlimmerten, könnte dies "den ursprünglichen Geist der UN-Resolution verletzen".
Russlands NATO-Botschafter Dmitri Rogosin erklärte in Brüssel, die Allianz sei jetzt für die UN-Libyen-Resolution verantwortlich: "Und es ist wichtig, dass die NATO jetzt keine kreative Auslegung der Bestimmungen betreibt". Der russische Außenminister Lawrow betonte, Libyen brauche eine neue, demokratische Regierung, sie müsse aber ohne Einmischung von außen gebildet werden.
Berlin verweist auf Resolutionen
Bei der Abstimmung über die Libyen-Resolution im Weltsicherheitsrat am 19. März hatten sich die Veto-Mächte China und Russland enthalten, ebenso wie Deutschland. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte zur aktuellen Diskussion, für die Bundesregierung gelte das Waffenembargo gemäß den Resolutionen 1970 und 1973 des UN-Sicherheitsrats. Die Resolution 1970 schließt "die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf und die Übergabe von Waffen oder damit verbundener Materialien jeder Art" aus. Der Sicherheitsratsbeschluss 1973 erlaubt - wie bereits erwähnt - "alle notwendigen Maßnahmen" zum Schutz von Zivilisten in Libyen.
Unterdessen hat als offenbar erstes Land Uganda Muammar al-Gaddafi Asyl angeboten. Es stehe dem Machthaber frei, in Uganda zu leben, sagte ein Sprecher von Präsident Yoweri Museveni. Es sei Politik des Landes, Asylsuchenden ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.
Autor: Michael Wehling (dpa/rtr/dapd/afp)
Redaktion: Gerd Winkelmann