Gaddafi kämpft mit allen Mitteln um Ost-Libyen
3. März 2011Nach der Niederlage seiner Truppen in den Städten Al-Brega und Adschdabija hat der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi am Donnerstag (03.03.2011) Kampfflugzeuge in das ost-libysche Rebellengebiet geschickt. Gaddafis Truppen hätten mehrere Ziele in Al-Brega bombardiert, darunter den Ölhafen, sagte ein Polizeikommandeur in Bengasi. Die Stadt gilt mittlerweils als inoffizielle Hauptstadt des "befreiten Ost-Libyens".
Am Mittwoch war es in den Städten Al-Brega und Adschdabija zu stundenlangen Kämpfen zwischen Truppen Gadaffis und seinen Gegnern gekommen. Die Rebellen konnten sich durchsetzen. Bei den Gefechten kamen mindestens 14 Menschen ums Leben. Insgesamt wird die Zahl der Toten seit Beginn der Gefechte in Libyen auf mehr als 2000 geschätzt.
Fast 200.000 Flüchtlinge und drei Nato-Geiseln
Die Zahl der Flüchtlinge, die versuchen, Libyen in Richtung Tunesien und Ägypten zu verlassen, steigt weiter. Das UN-Flüchtlingswerk spricht von mehr als 180.000 Menschen, allein 77.320 hätten die Grenze von Libyen nach Ägypten überschritten, noch mal so viele seien nach Tunesien geflüchtet. 30.000 weitere Menschen warteten an den Grenzen.
Während die Evakuierungsaktionen für ausländische Arbeiter in Libyen weitergehen, hält der Gaddafi-Clan drei niederländische Nato-Soldaten in seiner Gewalt. Das bestätigte das Verteidigungsministerium in Den Haag. Sie seien bereits am Sonntag bei einer missglückten Evakuierungsaktion gefangen genommen worden. Es liefen "intensive Verhandlungen" mit der libyschen Regierung, um die Soldaten frei zu bekommen.
Rebellen organisieren sich, fordern Unterstützung
Wie arabische Nachrichtensender berichteten, hat sich in der weiter östlichen gelegenen Stadt Tobruk eine Einheit der Marine den Aufständischen angeschlossen. Auch die südliche Oasenstadt Al-Kufra würde inzwischen von den Aufständischen kontrolliert.
Die Rebellen machen zudem Fortschritte, sich auch politisch zu organisieren. Die libysche Exil-Opposition teilte mit, in Bengasi sei eine neue Brigade namens "Brigade 17. Februar" gegründet worden. Die Übergangsregierung in Bengasi erklärte, der Transport weiterer ausländischer Söldner nach Libyen müsse unbedingt gestoppt werden, notfalls auch durch Luftangriffe ausländischer Armeen. "Dies wäre keine ausländische Militärintervention auf libyschem Boden", sagte ein Sprecher des Gremiums. Medienberichten zufolge lehnt die Opposition nach wie vor jegliche Gespräche mit Gaddafi ab.
Ein "Friedensplan" aus Venezuela?
Die Arabische Liga berät einen von Venezuela eingebrachten Friedensplan. Der venezolanische Präsidenten Hugo Chávez, ein Verbündeter Gaddafis, hatte vorgeschlagen, eine internationale "Friedensdelegation" nach Libyen zu schicken, die zwischen Gaddafi und den Aufständischen vermitteln soll. Die Liga sei über den Plan informiert worden und habe mit mehreren Ländern darüber beraten, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden. Berichten des TV-Senders Al-Dschasira zufolge soll eine Delegation aus Lateinamerika, Europa und dem Nahen Osten versuchen, eine Annäherung zwischen Gaddafi und den Aufständischen herbeizuführen.
Bald ein internationaler Haftbefehl gegen Gaddafi?
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag will gegen bis zu 15 Mitglieder des Gaddafi-Clans wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermitteln. Es gehe um schwere Fälle der Gewalt gegen das libysche Volk, sagte Luis Moreno-Ocampo der spanischen Zeitung "El País". Damit folgt der Strafgerichtshof einem Antrag des UN-Sicherheitsrates. Ein internationaler Haftbefehl gegen Gaddafi könne schnell beantragt werden, sagte Moreno-Ocampo. Die Beweise für einen solchen Haftbefehl sollten "so schnell wie möglich" gesammelt werden.
Nato wappnet sich für den Ernstfall
Die internationale Staatengemeinschaft prüft zudem weiter die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen. Die Nato will "für jeden Eventualfall" gerüstet sein, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsbündnisses am Donnerstag in Brüssel. Alle 28 Nato-Regierungen seien sehr besorgt über "anhaltende Gewalt und die ernste humanitäre Lage in Libyen".
Nato-Generalsekretär Fogh Rasmussen hatte in den vergangenen Tagen mehrfach erklärt, die Allianz plane kein militärisches Eingreifen in Libyen. Es gebe dafür weder das nötige Mandat des UN-Sicherheitsrates noch eine Anforderung. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete unterdessen, die Nato arbeite "unter Hochdruck und streng geheim an Plänen für eine Flugverbotszone über Liyben". Im "Fall des Falles" wolle das Bündnis einen Einsatz innerhalb weniger Tage beginnen können, sofern dieser angefordert werde.
Autorin: Julia Hahn (mit dapd, dpa, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader