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G7: Klima in Kriegszeiten nicht vergessen

25. Mai 2022

Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine treffen sich in Berlin die Umwelt-, Klima und Energieminister der G7. Es gab schon bessere Zeiten im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben.

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Symbolbild Klimawandel | Kanada Überschwemmung in Chilliwack
Bild: Jesse Winter/REUTERS

Die erste Ankündigung, was die für Energie, Klimaschutz und Artenvielfalt zuständigen deutschen Ministerinnen und Minister im Jahr der Präsidentschaft im Klub der sieben führenden Industrienationen (G7) erreichen wollen, erfolgte schon im Januar. Und aus den Formulierungen wird klar: Das war noch vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, der viele Gewissheiten über den Haufen warf. Jetzt treffen sich die Umwelt- und Klimaminister in Berlin, von diesem Mittwoch bis zum Freitag (25. - 27.5.).

Damals, im Januar, sagte etwa Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck von den Grünen: "Mein Ziel ist ein klarer Impuls der G7 für die internationale Zusammenarbeit und den Multilateralismus." Und Umweltministerin Steffi Lemke, ebenfalls von den Grünen, ergänzte, sie wolle vor allem den negativen Trend beim Artensterben begrenzen, und: "Die nachhaltige Ressourcennutzung, die Anpassung an die Auswirkung der Klimakrise und ökologisch nachhaltige Lieferketten sollen weitere Schwerpunkte im G7- Jahr bilden."

Habeck ist jetzt Energiemanager

Aber der Krieg hat eben vieles verändert. Habeck ist nun in erster Linie als Krisenmanager in Sachen Energie unterwegs und sucht fieberhaft nach Alternativen zu russischen Öl und Gas. Er hat mit Norwegen, mit Katar und mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Vereinbarungen über zusätzliche Gaslieferungen geschlossen.

Robert Habeck PK Wirtschaft Gas Russland
Klimaschutzminister Robert Habeck von der Grünen ist derzeit vor allem Krisenmanager für EnergieBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Und just in dieser Woche wurde aus seinem Haus bekannt, dass etwa Steinkohlekraftwerke, die eigentlich nach den Plänen zum deutschen Ausstieg aus der Kohle abgeschaltet werden sollten, bis zum März 2024 quasi auf Abruf bereitstehen, um einspringen zu können, wenn Russlands Präsident Putin im Sommer den Gashahn ganz zudrehen sollte. Mehr Kohle also statt des vergleichsweisen umweltfreundlicheren Gases.

Doppelter deutscher Vorsitz

Der Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung ist es geschuldet, dass gleich zwei Kabinettsmitglieder das G7-Treffen in Berlin leiten werden: Habeck ist für den Klimaschutz zuständig, Lemke für den Artenschutz und den Schutz der Ozeane, der ebenfalls auf der Agenda steht.

Umweltgruppen wie Greenpeace sehen dabei vor allem die Energiepolitik im Mittelpunkt. So sagt der Klima-Experte von Greenpeace, Martin Kaiser, der DW:  "Beim bevorstehenden G7 -Treffen muss Robert Habeck beweisen, dass der Krieg in der Ukraine nicht nur zu einer Verlagerung der globalen Kohle-, Öl- und Gasmärkte führt, sondern auch zu einer drastischen Reduktion der fossilen Klimakiller." Sollten die G7 eine neue Wertegemeinschaft darstellen, müssten sie die Stromproduktion bis 2035 vollständig auf Sonnen- und Windenergie umstellen, "die Abhängigkeit von Gas beenden und bis 2030 die Verbrennung von Kohle komplett einstellen. Es muss sich zeigen, ob Minister Habeck den Mut hat, allen voran die USA und Japan dazu zu bewegen."

Eine Renaissance der Kohle?

Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Japan etwa hat 140 Kohlekraftwerke am Netz. Weitere 16 sind im Bau, deren geplante Laufzeit beträgt mehrere Jahrzehnte. Einen Kohleausstieg hat das Land nicht beschlossen. Und nicht nur in Japan setzen viele Politiker wieder auf die Kohle. "Es wird leider ziemlich deutlich, dass es mit einem raschen Kohleausstieg sehr schwer werden könnte", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, dem "Kölner Stadtanzeiger" zur Kohlenutzung weltweit. Weil die Gaspreise durch den Krieg schneller stiegen als die Kohlepreise, setze sich vor allem in Asien eine "Renaissance der Kohle" fort. 

Bildergalerie | Windkraft | Windenergie
Durch den Krieg: Bedroht die Kohle den Ausbau der Erneuerbaren Energien?Bild: H. Blossey/blickwinkel/picture alliance

Oxfam: G7 muss Klima-Finanzierung voranbringen.

Jan Kowalzig, Klimaexperte der Umweltgruppe Oxfam, erinnert derweil die reichen Staaten der G7 an die Beschlüsse vergangener UN-Klimakonferenzen, endlich die schon lange versprochene Klimafinanzierung von 100 Milliarden US-Dollar jährlich zu erfüllen.

Kowalzig sagt der DW: "Die USA liegen mit ihren Plänen derzeit weit hinter der Zusage vom letzten Jahr, und auch die Bundesregierung wird im Bundeshaushalt 2022 nicht die nötigen Steigerungen unternehmen, um bis 2025 schrittweise die Mittel für die Klimafinanzierung auf jährlich 6 Milliarden Euro zu erhöhen. Ausgerechnet Deutschland, ausgerechnet im Jahr der deutschen G7-Präsidentschaft!"

Lemke will für Artenschutz werben

Umweltministerin Steffi Lemke hat angekündigt, sich bei dem G7-Treffen vor allem für den Artenschutz einsetzen zu wollen. Im Herbst findet in chinesischen Kumming die UN-Artenschutzkonferenz statt, die zuletzt wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde. Zentral ist dort die Forderung, bis 2030 global 30 Prozent der Flächen zu Lande und auf den Meeren zu schützen. Ob es dazu kommt, ist zweifelhaft.

BG Deutschland neue Bundesregierung
Umweltministerin Steffi Lemke stellt den Artenschutz in den MittelpunktBild: Hendrik Schmidt/picture alliance/dpa

In einem dramatischen Hilferuf haben führende deutsche Naturforscher die Regierung aufgefordert, im Rahmen der G7-Präsidentschaft endlich mehr für die Biodiversität zu tun. Unterzeichnet haben den Appell über 30 Naturforscher, unter ihnen etwa der Direktor des Berliner Naturkundemuseums, Johannes Vogel. In der "Berliner Erklärung" heißt es: "Ohne schnelle, tiefgreifende und flächendeckende Maßnahmen laufen wir Gefahr, dass unsere Erde in den nächsten Jahrzehnten eine Million Arten verlieren und einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um drei Grad erfahren wird."

Kein Mangel an großen Versprechen

Ob Artenschutz oder Klimakrise: An Zielen mangelt es nicht. Die USA etwa haben unter Präsident Joe Biden beschlossen, dass der Stromsektor bis 2035 vollständig dekarbonisiert werden soll. Und Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. So steht es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Aber im Moment überstrahlt die weltweite Energiekrise alle guten Absichten. Und Klimawandel und Artenverlust schreiten voran. Jüngst zeichnete ein Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf ein düsteres Bild und verkündete neue Negativ-Rekorde beim Anstieg des Meeresspiegels und der Versauerung der Ozeane. Und vor allem bei der Konzentration der Klimagase in der Atmosphäre. UN-Generalsekretär António Guterres sagte dazu: "Wir müssen die Emissionen der fossilen Brennstoffe beenden und den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen, bevor wir unser eigenes Haus abbrennen." Die Hoffnung bleibt, dass die Klima - und Umweltminister der G7 jetzt in Berlin wenigstens kleine Schritte in diese Richtung gehen.

Antonio Guterres
UN-Generalsekretär Guterres: "Endlich handeln, bevor das Haus abbrennt!"Bild: Loey Felipe/UN Photo/Handout/Xinhua/picture alliance