G-8 war gestern, G-20 ist besser?
24. September 2009Das Wechselkurssystem von Bretton Woods zusammengebrochen, die erste Ölkrise noch lange nicht überstanden: sechs Regierungs- und Staatschef versammeln sich 1975 in trauter Runde zu einem Kamingespräch auf Schloss Rambouillet, nahe Paris. Krisen schweißen zusammen, und so suchen die sechs größten Industrienationen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und die USA Antworten auf ihre dringenden Finanz- und Währungsfragen.
Vom Kamingespräch zum elitären Mammutgipfel
Über die Jahre kommen neue Themen hinzu: die Wirtschaft im weiteren Sinne, Bevölkerungsentwicklung, Umweltschutz und Klimawandel, Strafverfolgung und Terrorismusbekämpfung. Aus sechs werden mit Kanada sieben Mitglieder, schließlich mit Russland acht. Von den finanz- und wirtschaftspolitischen Beratungen ist Russland jedoch bis heute weitgehend ausgeschlossen. Der Vorsitz rotiert im Jahrestakt und aus dem kleinen Forum ist eine permanente Kooperation geworden und ein jährlicher riesiger Gipfel - der letzte fand im Juli 2009 im italienischen L’Aquila statt. Und der nächste ist schon anberaumt: 2010, Huntsville, Kanada.
Der Aufstieg der Schwellenländer
Doch viele bezweifeln, dass es einen nächsten Gipfel im kleinen Kreis der Acht tatsächlich geben wird. Denn schon der Abruzzengipfel in L'Aquila markierte eine Zäsur: weg vom elitären Zirkel der Acht hin zu den Zwanzig (G-20). Dort sitzen nicht nur die acht großen Industrienationen und eine Vertretung der EU, sondern auch Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien sowie wichtige Öllieferanten wie Saudi-Arabien. Schon seit Jahren werden Länder wie China, Indien, Mexiko oder Brasilien als Zaungäste zum G-8-Gipfel geladen, denn aus den internationalen Finanz- oder Handelsbeziehungen sind sie nicht mehr wegzudenken. Vor allem in L'Aquila aber wurde klar, dass sich die G-8 überlebt hat: die meiste Zeit auf dem Gipfel waren Schwellenländer oder afrikanische Staaten in die Gespräche mit eingebunden.
Seit der Wirtschaftskrise unumgänglich: die G-20
Schon mit dem Wegfall der Mauer und der wachsenden Globalisierung wurde die G-8 ein politisch wie wirtschaftlich unpassendes Format. Vor allem aber nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems kamen auch die G-20-Kritiker nicht mehr umhin, aus den Zaungästen Partner zu machen. Zu global waren die Probleme, als dass man sie im kleinen Kreis hätte lösen können. So traf sich im November 2008 die von Finanzministern gegründete G-20-Runde erstmals auf Regierungschef-Ebene zum ersten Weltfinanzgipfel. Das war in Washington. Fünf Monate später noch einmal in London. Die Regierungschefs schnürten Milliarden-Pakete, um einen Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu verhindern. Und nun folgt Pittsburgh.
Ohne demokratische Legitimation
Doch die Frage bleibt, inwieweit die G-20 ein geeignetes Forum ist, die großen Probleme unserer Zeit anzugehen. Zwar stehen ihre Mitglieder für 90 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes, für 80 Prozent des weltweiten Handels und für zwei Drittel der Weltbevölkerung, doch die Mehrheit der Staaten - vor allem die armen Entwicklungsländer - muss nach wie vor draußen bleiben. Und wie schon die G-8 ist die G-20 ein informelles Gremium, ohne jede demokratische Legitimation. Einen Ausweg sehen Kritiker der Clubformate in einem Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der UNO - ähnlich dem Weltsicherheitsrat. Ihm sollten sich dann der Internationale Währungsfonds IWF und die Weltbank, die wieder an Bedeutung zunehmen, sowie die Welthandelsorganisation WTO unterordnen.
Autorin: Jutta Wasserrab
Redaktion: Zhang Danhong