Für die Freiheit des Volkes
6. Mai 2002Endlich bewegt sich etwas in Myanmar: Die Freiheitskämpferin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist aus ihrem Hausarrest entlassen worden. Doch Skepsis bleibt angebracht. Suu Kyi soll sich jetzt zwar angeblich auch politisch betätigen dürfen. Aber wie weit dieses Zugeständnis reicht, das muss sich erst noch erweisen. Bisher jedenfalls war und ist die Macht der Generäle unangefochten. Und fest steht: Nur die von den Generälen verantwortete Misswirtschaft ist der Grund, dass diese jetzt wieder auf die Opposition zugegangen sind. Es ist noch nicht lange her, im Herbst 2000, als UN-Generalsekretär Kofi Annan die bisher vorletzte Entlassung Suu Kyis aus dem Hausarrest begrüßt hatte. Kurz darauf wurde "die Lady", wie sie in der Bevölkerung respektvoll genannt wird, von der birmanischen Junta erneut in sogenannte Sicherheitsverwahrung genommen.
Für die 1945 geborene Tochter des birmanischen Unabhängigkeitshelden Aung San bedeutet Freiheit vor allem "Freiheit von Furcht" - so der Titel eines Buches von ihr. Dass sie selbst frei von Furcht ist, dafür ist der gewaltlose Kampf, den sie seit 1988 gegen die Militärherrscher führt, der beeindruckende Beweis. Entscheidend ist für Suu Kyi jedoch, dass auch die Bevölkerung ihres Landes frei von Furcht leben kann. Und davon ist Myanmar, wo freie Rede und freier Austausch unterdrückt und bestraft werden, bisher weit entfernt.
Suu Kyi hat immer darauf bestanden, dass die Ergebnisse der Wahlen von 1990 umgesetzt werden. Damals erhielt die Nationale Liga für Demokratie (NLD) über 80 Prozent der Stimmen. Die Generäle ignorieren das Wahlergebnis aber bis heute und haben damals die politischen Führer der NLD ins Gefängnis oder in so genannte "Staatsgästehäuser" gebracht. Der jetzigen Freilassung Suu Kyis ging ein Nachgeben der Junta voraus. So wurden auch viele andere Oppositionelle freigelassen.
Die Frage ist jetzt: Wie geht es weiter? Als Suu Kyi 1995 aus mehrjährigem Hausarrest freigelassen wurde, "dankte" sie es den Generälen schlecht: Sie bestand auf demokratischen Veränderungen. Davon war nichts zu sehen, also forderte Suu Kyi den Westen zu einer harten Haltung gegen die Führung in Rangun auf. Die USA verhängten wirtschaftliche, die EU politische Sanktionen. Lediglich in der unmittelbaren Nachbarschaft fanden die Militärherrscher einen gewissen Rückhalt: So wurde Myanmar 1997 in den Regionalverbund ASEAN aufgenommen. Kritik daran und eine Verurteilung Myanmars wegen Menschenrechtsverletzungen verbaten sich die ASEAN-Länder als unerwünschte westliche Einmischung in ihre Angelegenheiten.
Wie es diesmal weiter gehen wird, ist noch nicht abzusehen. Auf jeden Fall ist Bewegung gekommen in die Pattsituation zwischen der herrschenden Junta und Suu Kyi, die die Weltöffentlichkeit hinter sich hat. Und die Menschen in Myanmar können sich darauf verlassen: Suu Kyi wird nicht ablassen von ihrer Forderung, dass das Volk frei von Furcht und in einer Demokratie leben kann. Und sie wird auch nicht zulassen, dass alleine eine medienwirksam inszenierte Freilassung den Generälen zu politischem Kredit im Westen verhilft.