Für Klimaschutz in die Pedale treten
22. September 2010Monika Volkmer tritt kräftig in die Pedale. Der helle Kies knirscht unter den Reifen. Die Kuppe des Hügels kommt nur mühsam, Tritt für Tritt, näher. Aber Monika Volkmer wirkt, als genieße sie jede einzelne Pedalumdrehung. "Der Park ist schön, die Luft ist schön, manchmal läuft einem ein Eichhörnchen über den Weg. Das sehen Sie alles nicht, wenn Sie mit dem Auto fahren", sagt sie, und holt zwischen den Sätzen Atem.
Monika Volkmer radelt durch den hügeligen Park im Aachener Norden auf dem Weg zu einem Arzttermin in der Innenstadt. Fast jede Strecke macht die Mittvierzigerin mit der strengen schwarzen Brille und den dunklen Locken mit dem Rad. Sie ist überzeugt: Fürs Fahrradfahren gibt es gute Argumente. Zum Beispiel die Zeitersparnis: "Mit dem Auto hätte ich das Problem, einen Parkplatz zu finden. Für den Bus müsste ich erst zur Haltestelle gehen und außerdem einmal umsteigen. Beides würde deutlich länger dauern."
Stadtradeln für die Umwelt
In Aachen zählt seit zweieinhalb Wochen jeder Kilometer. Denn die Universitätsstadt beteiligt sich an der bundesweiten Aktion "Stadtradeln": Insgesamt drei Wochen lang sollen die 250.000 Einwohner so viele Wege wie möglich mit dem Fahrrad zurücklegen. Zur Arbeit, zum Einkauf, zum Besuch bei Freunden. Die geradelten Kilometer trägt jeder Teilnehmer dann täglich auf einer Internetseite ein. Zu der Aktion aufgerufen hatte das Klimabündnis, ein europaweiter Zusammenschluss von Städten und Landkreisen mit dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
Um das zu erreichen, soll das Fahrrad als abgasfreies Fortbewegungsmittel gefördert werden. In Deutschland beteiligen sich fast 60 Städte am Stadtradeln. Besonders gut funktioniert hat das zum Beispiel in München: In der Millionenstadt legten die Radler fast 170.000 Kilometer zurück – und vermieden so über 24 Tonnen Kohlendioxid.
Fahrradfaule Lokalpolitiker
In Aachen hat Stadtradeln keinen so großen Erfolg. Viele Bürger haben noch nicht einmal von der Aktion gehört, die seit gut zwei Wochen läuft. Die Stadtradel-Initiatorin für Aachen, Stephanie Küpper, macht dafür die Aachener Politiker verantwortlich. Küpper hatte sich an alle Fraktionen im Aachener Stadtrat gewandt und sie gebeten, jeweils ein Radelteam aufzustellen – mit mäßigem Erfolg.
"Es haben sich nur die SPD und die Grünen gemeldet, die anderen Fraktionen nehmen überhaupt nicht teil. Und dann fährt zum Beispiel die SPD nur mit ihren Ratsmitgliedern in einem Team", sagt Küpper. Die Idee von Stadtradeln sei aber gewesen, dass die Kommunalpolitiker jeweils Bürger ihrer Stadt für ein Fahrradteam anwerben.
Auf dem Fahrrad zum Mandantenbesuch
In Aachen haben die 32 Teilnehmer bislang fast 4700 Kilometer erradelt. Damit die Radelkilometer im nächsten Jahr mehr werden, will Stephanie Küpper sich dann direkt an Verbände und Vereine wenden – und den erfolglosen Umweg über die Politiker vermeiden. Sie hofft auf deutlich mehr Teilnehmer.
Monika Volkmer wird mit Sicherheit wieder dabei sein. Bis zum nächsten Stadtradeln macht sie ihre Wege auch weiterhin mit dem Fahrrad – sogar die beruflichen. Das sei mittlerweile auch in ihrem Beruf kein Problem mehr, sagt sie. Obwohl die Mandanten noch vor einigen Jahren erwartet hätten, dass sie mit einem Auto vorfahre. Monika Volkmer ist selbständige Steuerberaterin. Aber kommt sie heute doch einmal mit dem Auto zu einem Mandanten, frage der sofort: "Wo haben Sie denn heute Ihr Fahrrad gelassen?"
Autor: Christian Siepmann
Redaktion: Hartmut Lüning