1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Fünf Themen, die Deutschland 2023 verändern sollen

Tanya Ott
17. Januar 2023

Doppelte Staatsbürgerschaft, Cannabis-Legalisierung, Einführung eines Kulturpasses für junge Erwachsene: Das sind nur einige Debatten, die 2023 Kultur und Gesellschaft beschäftigen werden.

https://p.dw.com/p/4MI48
Eine weiße Person mit langen dunklen Haaren steht in einem Cannabisgewächshaus und hält sich ein Cannabisblatt vor jedes Auge.
Die deutsche Bundesregierung will Cannabis für den Freizeitkonsum legalisieren - nur wann ist noch unklarBild: Bea Vera/Addictive Stock/IMAGO

1. Doppelte Staatsbürgerschaft

2023 sollen die Hürden für die Einbürgerung in Deutschland deutlich gesenkt werden. So will das Bundesinnenministerium zum Beispiel die bislang noch geltende Regelung aufheben, dass Nicht-EU-Bürger ihre alte Staatsbürgerschaft aufgeben müssen.

Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, dass, wer sich in Deutschland einbürgern lassen will, künftig grundsätzlich nicht mehr die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes seiner Familie aufgeben muss. 

Außerdem lockert das im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorhaben für ein "modernes Staatsangehörigkeitsrecht" zudem die Anforderungen an den Erwerb der deutschen Sprache für bestimmte Gruppen. Ein Sprachnachweis ist im Regelfall Voraussetzung für die Einbürgerung. Außerdem wird die Mindestaufenthaltszeit bis zur Antragstellung verkürzt.

Im Vordergrund ist links ein blauer türkischer Reisepass und rechts ein roter deutscher Reisepass zu sehen. Eine dunkelhaarige weiße Frau ist im Hintergrund unscharf.
Kinder türkischer Migranten könnten vom neuen Staatsbürgerschaftsgesetz profitierenBild: Daniel Bockwoldt/dpa/picture alliance

Eine Gruppe, die davon besonders profitieren dürfte, ist die sogenannte Gastarbeiter-Generation, der bei ihrer Ankunft ab den 1960er-Jahren in Deutschland keine Sprachkurse offen standen. Profitieren sollen aber nicht nur ältere Menschen, die über ein Anwerbeabkommen nach Deutschland gekommen sind, sondern alle Angehörigen ihrer Altersklasse. 

2. Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch 

Cannabis ist für den medizinischen Gebrauch in Deutschland seit 2017 unter streng definierten Bedingungen zwar schon legal. Doch die deutsche Bundesregierung will auch die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitkonsum durchsetzen.

Die regierenden Parteien SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag bereits vereinbart, "die kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Herbst 2022 die ersten konkreten Ideen zur Umsetzung präsentiert. Der nächste Schritt wäre ein fertiger Gesetzentwurf.

Der Vorschlag stößt jedoch auf heftigen Widerstand aus der Opposition. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass Brüssel ein Veto gegen die deutschen Pläne einlegt, sollten diese nach Auffassung der Kommission EU- und internationalem Recht widersprechen. 

3. Der "KulturPass"

Nach schwierigen Pandemiejahren für die Kultur setzen Verantwortliche auf eine Rückkehr von Besucherinnen und Besuchern in Kinos, Theater, Konzerte und Museen.

Eine Möglichkeit, die Kulturszene wieder zu beleben, sieht Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der geplanten Einführung eines "KulturPass" für Jugendliche. 

Junge Menschen sollen damit die Chance bekommen, die reiche Kulturszene Deutschlands zu entdecken. Deshalb soll es einen "KulturPass" für junge Erwachsene geben.

Jeder, der im Jahr 2023 18 Jahre alt wird, erhält demnach einen 200-Euro-Gutschein, den er für den Kauf von Kino- oder Konzertkarten, Museumseintritten und sogar Büchern und Schallplatten verwenden kann.

Roth will den Kulturpass bis zum Sommer realisieren. Die mit 100 Millionen Euro ausgestattete Förderung gilt zunächst für etwa 750.000 Jugendliche, die in diesem Jahr 18 Jahre alt werden. Das Programm soll bei Erfolg auf 15- bis 17-Jährige ausgeweitet werden. 

Tänzerinnen des Berliner Staatsballetts treten auf dem Oberdeck eines Ausflugsschiffs auf, das während der Veranstaltung "From Berlin With Love" am Berliner Bode-Museum auf der Spree vorbeifährt.
Das Berliner Staatsballett gehört zu den Kultureinrichtungen der Hauptstadt, die eine Beraterin für Vielfalt und Antidiskriminierung bekommenBild: Fabrizio Bensch/REUTERS

4. Selbstbestimmungsgesetz für Transgender-Personen

Für Trans-Personen könnte es in Zukunft leichter werden, ihren rechtlichen Geschlechtsstatus zu ändern und Zugang zu einer medizinischen Transitionstherapie - also einer Geschlechtsangleichung - ohne externe Begutachtung zu erhalten.

Die Regierungskoalition hat dazu einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der die Hürden für eine geschlechtsangleichende Operation für Transmenschen reduzieren soll. Er soll nach Plänen der Bundesregierung noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden. 

Das Selbstbestimmungsgesetz wird dann an die Stelle des bisherigen "Transsexuellengesetzes" treten. Es soll eine einheitliche Regelung für trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen zur Änderung des Geschlechtseintrages und des Vornamens ermöglichen. Dies soll künftig allein durch eine Erklärung vor dem Standesamt möglich sein.

Das derzeitige "Transsexuellengesetz", das in Teilen vom Bundesverfassungsgericht wiederholt für verfassungswidrig erklärt wurde, erfordert ein teures und zeitaufwändiges Verfahren mit externen Gutachtern und einer Zwangstherapie, die viele Gegner als erniedrigend bezeichnen. 

5. Mehr Diversität in Kultureinrichtungen

Diese Maßnahme ist vorerst auf Berlin beschränkt, könnte aber die Diversitätspolitik in ganz Deutschland beeinflussen: Seit dem 1. Januar gibt es in fünf Berliner Kultureinrichtungen, die vom Land gefördert werden, als Pilotprojekt jeweils eine Referentin oder einen Referenten für Antidiskriminierung und Diversitätsentwicklung.

Denn der Berliner Senat hat sich zum Ziel gesetzt, den Kulturbetrieb in der Stadt diverser und inkludierender zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen im Haushalt für das Jahr 2023 500.000 Euro zur Verfügung. Die Mittel sollen insbesondere für Projekte und Maßnahmen genutzt werden, die sich mit Diversitätsentwicklung und Antidiskriminierung im Kulturbereich auseinandersetzen.

Bisher fehlten vielen Kultureinrichtungen oft die personellen und finanziellen Mittel, um Diversität und Anti-Diskriminierung auch nachhaltig umzusetzen und zu verankern.

Zu den geförderten Einrichtungen gehört auch das Staatsballett, das sich 2021 mit Rassismusvorwürfen eines seiner Tänzer konfrontiert sah.