Fünf Protesttage, 19 Tote, ein Rücktritt
4. Mai 2021Sein Verbleib in der Regierung würde einen "notwendigen Konsens" für einen neuen Reformvorschlag erschweren, sagte Carrasquilla, der seit August 2018 im Amt war. Sein Vorschlag für eine Steuerreform hatte tagelange Proteste ausgelöst. Mindestens 19 Menschen kamen dabei ums Leben. Darunter sei auch ein erstochener Polizist gewesen, teilte ein kolumbianischer Ombudsmann für Menschenrechte mit.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden seit dem Beginn der Proteste am 28. April mehr als 800 Menschen verletzt, darunter gut 300 Zivilisten. Die Polizei nahm etwa 430 Menschen fest, in mehreren Städten war auch das Militär im Einsatz. Mehrere Nichtregierungsorganisationen und die Opposition warfen den Sicherheitskräften ein gewaltsames Vorgehen gegen Demonstranten vor.
Freibeträge senken, Einkommens- und Mehrwertsteuer erhöhen
Das Steuerreformprojekt zielte nach Angaben der rechtsgerichteten Regierung darauf ab, die viertgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas wiederzubeleben. Kolumbien ist von der Pandemie schwer getroffen. Das Bruttoinlandsprodukt war im Jahr 2020 um 6,8 Prozent zurückgegangen.
Mit der Steuerreform sollte das Haushaltsloch gestopft werden, das durch die Corona-Krise entstanden ist. Dafür wollte die Regierung unter anderem die steuerlichen Freibeträge senken, die Einkommenssteuer für bestimmte Gruppen erhöhen und die Befreiung von der Mehrwertsteuer für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen abschaffen.
Viele Kolumbianer befürchteten jedoch, durch die Reform weiter zu verarmen. Die Demonstranten forderten die Regierung auf, die Unternehmenssteuern zu erhöhen und die Militärausgaben zu senken, anstatt die Mittelschicht zu besteuern. Angesichts der Proteste hatte die Regierung von Präsident Iván Duque am Sonntag den Entwurf für die Reform zurückgezogen. Als künftigen Finanzminister benannte der Präsident den Ökonom und bisherigen Handelsminister José Manuel Restrepo.
rb/wa (afp, ap, rtr)