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Fußballfilm: "Awaydays"

2. Juli 2010

In dem britischen Film wird die dunkle Seite des Fußballs behandelt. "Awaydays" schildert die Auswüchse des Rowdytums in den Stadien.

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Zwei junge Männer im abendlichen Gegenlicht sitzend vor Stadtkulisse - Szene aus Awaydays
Bild: Kinowelt

In England nehmen Biografien von Hooligans fast eben so viel Platz im Buchhandel ein, wie Erlebnisse aus dem Königshaus oder Kochbücher. Wer sich vor rund drei Jahrzehnten von seiner animalischen Seite zeigte, kann sich heute von den Honoraren die Zähne sanieren lassen. Die Hochzeit des Hooliganism war Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre. Genau in dieser Zeit spielt auch "Awaydays". Damals war es normal, dass junge Männer ihren Teams quer durchs Land folgten und am Ziel einer anderen Gruppe gegenüber standen, um sich ordentlich zu keilen. Ein Standardsituation, die natürlich auch in "Awaydays" nicht fehlt.

Der Beginn der Thatcher-Jahre

Dennoch glorifiziert Regisseur Pat Holden keineswegs seine Protagonisten, sondern er schildert die raue Lebenswirklichkeit zu Beginn der Thatcher-Jahre (Margaret Thatcher war von 1979 bis 1990 britische Premierministerin), also der Post-Punk-Ära. Damals wurde der Niedergang der britischen Wirtschaft eingeläutet, es folgte eine Spaltung der Gesellschaft. Pat Holdens Film basiert auf dem Bestseller "Awaydays" von Kevin Sampson, der in dem Buch seine eigenen Erlebnisse verarbeitete. Herausgekommen ist ein Film des Erwachsenwerdens und der Identitätsfindung, untermalt mit der Musik von Ultravox, Joy Division oder Gang of Four.

Prügelei unter Hooligans -Szene aus Awaydays
"The Pack" in AktionBild: Kinowelt

Faszination für "The Pack"

Die Handlung ist im Westen Englands angesiedelt, genauer in Wirral, einer Halbinsel gegenüber von Liverpool im Jahr 1979. Der etwa 19jährige Carty lebt mit seinem Vater und seiner Schwester in einem Mittelklassebezirk, hat einen halbwegs gut bezahlten Job, geht zum Fußball und in Clubs. Seine Mutter ist vor kurzem gestorben, was Carty in eine Identitätskrise stürzt. Orientierung glaubt er beim Fußball zu finden, genauer gesagt am Rande des Fußballs, beim "Pack", der gewaltbereiten Gruppe eines drittklassigen Fußballclubs, die zu jedem Auswärtsspiel fährt, um sich dort mit anderen Hooligans zu prügeln.

Zwei junge Männer - Szene aus Awaydays
Carty und ElvisBild: Kinowelt

Irgendwo einen Neuanfang wagen

Carty träumt davon, zum "Pack" zu gehören. Und Elvis, einer aus dem "Pack", könnte ihm beim Einstieg helfen. Doch Elvis denkt eigentlich daran auszusteigen und empfiehlt Carty, aus seinem Leben mehr zu machen. Schließlich komme er aus der Mittelschicht und hätte die Möglichkeit zu studieren. Zudem träumt Elvis davon die Stadt zu verlassen, alles das, was ihn umgibt und irgendwo einen Neuanfang zu versuchen. Aber Carty zeigt sich uneinsichtig, bedrängt ihn weiter, und schließlich gibt Elvis nach und nimmt ihn beim nächsten Auswärtskick mit. Carty erlebt eine blutige Schlägerei und einen Gewaltausbruch wie nie zuvor. Er genießt das. Und so ist er auch in den nächsten Wochen immer dabei. Die Situation ändert sich erst, als er sich zu sehr in den Mittelpunkt drängt und vom eigenen Gangleader zusammengeschlagen wird.

Kein Ehrenkodex

DVD-Cover Awaydays - Schrift mit Foto von Hooligans
Bild: Kinowelt

"Awaydays" zeigt, dass die Suche nach dem Adrenalinkick nicht nur auf sozial schwache Schichten beschränkt blieb. Denn Carty ist ein typischer Vertreter der Mittelschicht. Genau wie die deutschen Hooligans, die 1998 bei der WM in Frankreich den Gendarmen Daniel Nivel lebensgefährlich verletzten. Der Film zeigt das, was es heute fast europaweit gibt: Denn Berichte von sich prügelnden Fan-Gruppierungen tauchen immer wieder auf, in Polen wie in Holland, in Italien wie in der Schweiz. Zudem räumt Pat Holden mit dem Mythos auf, dass es unter den Prügelnden eine Art Ehrenkodex gäbe. Im Zweifelsfall wird immer das Messer gezückt.

11 Freunde Edition, Volume 2: 6 Fussballklassiker, darunter "Awaydays" von Pat Holden, insgesamt rund 545 Minuten, 32-seitiges Booklet, Anbieter: Kinowelt.

Autor: Bernd Sobolla

Redaktion: Jochen Kürten