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Wie viele Kopfbälle im Fußball schaden dem Gehirn?

28. August 2023

Eine britische Studie unter Ex-Fußballprofis deutet auf den Zusammenhang hin, zwischen häufigem Kopfballspiel und Spätfolgen bis zur Demenz. Einige Länder verbieten Kopfbälle für Kinder. Der DFB geht einen anderen Weg.

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Kopfballduell zwischen dem Stuttgarter Enzo Miloot und dem Schalker Credric Brunner bei einem Bundesliga-Spiel 2022.
Wie gefährlich sind Kopfbälle? Wissenschaftler warnen vor möglichen SpätfolgenBild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Je häufiger ein Fußballer oder eine Fußballerin spielt, desto höher ist das Risiko kognitiver Störungen. Das ist das Fazit einer jetzt veröffentlichten Studie in Großbritannien. Unter kognitiven Störungen versteht man unter anderem zunehmende Vergesslichkeit, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Konzentrationsprobleme, Sprachstörungen, Orientierungsprobleme oder Gedächtnisverlust.

Die Forschenden hatten für die Studie im Auftrag des englischen Fußball-Verbands FA die Fragebögen von 468 früheren britischen Profis im Alter von über 45 Jahren ausgewertet. Im Schnitt waren die Fußballer rund 63 Jahre alt. Sie hatten schätzen müssen, ob sie pro Partie oder Trainingseinheit zwischen null und fünf Kopfbällen gespielt hatten, sechs bis 15 oder mehr als 15 Kopfbälle. Anschließend waren bei Telefoninterviews ihre kognitiven Fähigkeiten getestet worden.

Ergebnis: Die Spieler mit der größten Kopfball-Häufigkeit wiesen im Vergleich zu jenen aus der niedrigsten Kategorie ein mehr als dreifaches Risiko für kognitive Beeinträchtigungen auf.

Verteidiger sind besonders gefährdet

"Ähnliche Ergebnisse wurden bei anderen kognitiven Tests im Zusammenhang mit Demenz und Alzheimer-Krankheit beobachtet", heißt es in der Studie. Die Forschenden schränken diese Aussage jedoch ein: "Da nur 13 selbst berichtete Fälle von ärztlich diagnostizierter Demenz vorlagen, sollten die Ergebnisse und Schlussfolgerungen in Bezug auf diese Fälle mit Vorsicht interpretiert werden."

2019 hatte eine Studie der Universität Glasgow für Schlagzeilen gesorgt. Die Forschenden hatten die Todesursachen von über 7500 schottischen Fußballprofis ausgewertet. Laut dieser Studie lag das Risiko der Spieler, an Alzheimer, Parkinson oder anderen Demenzerkrankungen zu sterben, dreieinhalb Mal höher als normal.

Alina Angerer, wird nach einem Zusammenstoß, auf dem Rasen liegend am Kopf behandelt.
Kopfverletzungen im Fußball wurden lange Zeit unterschätztBild: Oliver Baumgart/foto2press/picture alliance

Eine Studie in Schweden - untersucht wurden rund 6000 Fußballer, die zwischen 1924 und 2019 mindestens eine Partie in der höchsten schwedischen Liga gespielt hatten - kam im Frühjahr 2023 zu dem Ergebnis, dass die Profis im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein etwa anderthalbmal so hohes Risiko aufwiesen, an Alzheimer oder anderen Demenzformen zu erkranken.

Feldspieler, insbesondere Verteidiger, seien gefährdeter als Torleute, hieß es sowohl in der schwedischen als auch in der schottischen Studie. Feldspieler ziehen sich bei Zweikämpfen häufiger Kopfverletzungen zu - und spielen mehr Kopfbälle.

Kopfball-Verbote im Kinder- und Jugendbereich

Zu diesem Schluss kommen auch die Forschenden in der neuen britischen Studie. Sie raten dazu, die Zahl der Erschütterungen des Kopfs zu verringern, um späteren kognitiven Störungen bis hin zur Demenz vorzubeugen. Weitere Studien seien nötig, etwa um eine Obergrenze für eine verantwortbare Zahl von Kopfbällen zu ermitteln.

In den USA gilt bereits seit 2015 ein Kopfballverbot für junge Fußballerinnen und Fußballer bis zum Alter von zehn Jahren. In England und Schottland ist Kopfballtraining vor dem zwölften Lebensjahr untersagt. In Schottland gibt es auch Einschränkungen für Profis: Am Tag vor und nach einer Partie dürfen sie im Training keine Kopfbälle spielen. Und auch für die englische Premier League gilt: "Es wird empfohlen, dass in jeder Trainingswoche höchstens zehn Kopfbälle mit höherer Kraft ausgeführt werden." Gemeint sind Kopfbälle nach langen Pässen, Flanken, Eckbällen oder Freistößen.

Neue Wettbewerbsformen in Deutschland ab 2024

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will einen anderen Weg gehen: Von der Saison 2024/2025 wird der Kinder- und Jugendfußball bis zum Alter von elf Jahren reformiert. Dann werden etwa die "Bambinis", die Jüngsten, nur noch auf sehr kleinen Spielfeldern mit kleinen Toren zwei gegen zwei oder drei gegen drei spielen. Noch läuft eine zweijährige Pilotphase. "Die neuen Wettbewerbsformen sorgen dafür, dass Kopfbälle nahezu ausgeschlossen werden", heißt es beim DFB. 

Spiel der G-Jugend, der "Bambinis".
Die Jüngsten sollen demnächst nur noch zwei gegen zwei oder drei gegen drei kickenBild: Norbert Schmidt/picture alliance

Es sei jedoch auch wichtig, eine gute Kopfballtechnik zu üben. "Das Kopfballtraining im jungen Alter sollte dabei unter anderem geringe Übungsumfänge, die Verwendung von leichteren Bällen, ausreichende Regenerationszeiten für den Kopf und das anfängliche Anwerfen mit der Hand zum Köpfen des Balles beinhalten."

Bis Ende September läuft noch die Untersuchungsphase einer Studie über die Gesundheit ehemaliger deutscher Fußballprofis, an der sich bislang mehr als 300 frühere Spielerinnen und Spieler beteiligt haben. Ergebnisse der "SoccHealth"-Studie sollen 2024 veröffentlicht werden.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter