Fritz Keller ist neuer DFB-Präsident
27. September 2019Hermann Neuberger, Egidius Braun, Gerhard Meyer-Vorfelder. Es waren machtvolle Männer, die einst den Deutschen Fußball Bund (DFB) führten. Sie saßen wie selbstverständlich in den Gremien von UEFA und FIFA, hatten Einfluss im internationalen Fußball. Wie auch noch ihre Nachfolger Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und zuletzt Reinhard Grindel, die jedoch allesamt vor Ablauf ihrer Wahlperiode aus dem Amt schieden. In diese Reihe will Fritz Keller, der 13. Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, auf den ersten Blick nicht so recht passen.
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Sein Name dürfte bis vor wenigen Wochen nicht mal jedem Fußball-Interessierten in Deutschland geläufig gewesen sein. Dabei mischt der freundliche, eloquente 62-Jährige schon einige Zeit im deutschen Fußball mit. 2010 wurde er Vorsitzender des SC Freiburg, nach einer Satzungsänderung 2014 führt er den Bundesliga-Verein als Präsident. "Die Aufgabe als DFB-Präsident war in meiner Lebensplanung nicht vorgesehen", gestand er schon bei einer Pressekonferenz in Berlin im August, kurz nachdem er nominiert worden war, lächelnd. "Ich war mit meinem Beruf, meiner Familie und meiner Aufgabe in Freiburg sehr glücklich."
Der DFB braucht eine neue Struktur
Fritz Keller ist Winzer und Großgastronom. Er betreibt in Freiburg und Umgebung im äußersten Südwesten der Bundesrepublik mehrere Spitzenrestaurants. Die Aufgabe, den größten Sportverband der Welt zu führen, plötzlich Chef einer Organisation mit 7,1 Millionen Mitgliedern und 400 Millionen Euro Jahresumsatz zu sein, nötigt ihm Respekt ab, das gibt er unumwunden zu. "Ich tue mir das auch nur an, weil ich den Fußball liebe", entgegnete er auf die Frage, was ihn zur neuen Funktion hindränge. Mit dem ersten großen Erfolg des deutschen Fußballs, dem WM-Titel 1954 ist er auf besondere, private Weise verbunden. Fritz Walter, Kapitän jener legendären Mannschaft, die das "Wunder von Bern" (der 3:2-Finalsieg gegen Favorit Ungarn) schaffte, war sein Patenonkel.
Für seinen Sprung an die Spitze des DFB machte Fritz Keller Veränderungen im Verband zur Bedingung. Dazu hat er Vorschläge unterbreitet, die sich mit den Vorstellungen anderer führender Vertreter des Verbandes trafen. Der zuletzt von einer Krise in die nächste taumelnde DFB bedarf nach Meinung vieler Experten dringend einer Reform. "Die Aufgaben sind viel zu umfangreich, dass sie eine Person noch allein wahrnehmen kann. Eine 'One-Man-Show' ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Keller mit Blick auf die angedachten Strukturveränderungen. Diese sollen in den nächsten Wochen und Monaten vorbereitet werden. Gründlichkeit gehe ihm da vor Schnelligkeit, erläuterte er als damals noch designierter DFB-Präsident. Dazu gehört für ihn auch, möglichst viele Betroffene einzubinden. "Man kann Menschen nur führen, wenn man ihnen Freiräume gibt. Diese Erfahrung habe ich als Präsident in Freiburg gemacht. Das will ich auch im DFB leben."
In UEFA und FIFA wieder Präsenz zeigen
Zur geplanten Reform zählt, dass Fritz Keller nicht danach strebt, mögliche Posten in den Gremien des europäischen Verbandes UEFA oder des Weltverbandes FIFA einzunehmen. Seine unmittelbaren Amtsvorgänger hatten zu oft den Eindruck vermittelt, einen großen Teil ihrer Kräfte auf das Erlangen dieser finanziell besonders lukrativen Mandate zu richten. Künftig soll Rainer Koch, der 1. Vizepräsident des DFB, den deutschen Fußball in der operativen internationalen Arbeit vertreten. Koch ist damit einer der Gewinner der Wahl Kellers und gilt zudem als wichtiger Stimmenbeschaffer im DFB. Gegenwärtig ist der DFB weder in der Führung der UEFA noch der FIFA vertreten. Hier wieder zu Sitz und Stimme zu kommen, wird kein Selbstläufer sein. Das weiß der Jurist Koch, der zur Zeit noch als Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München tätig ist.
Während Kochs Augenmerk darauf gerichtet sein wird, zunächst insbesondere in der UEFA wieder deutschen Einfluss geltend zu machen und mittelfristig einen Posten in der Exekutive anzustreben, will und soll sich Fritz Keller voll und ganz dem deutschen Fußball widmen. Der Winzer betont gerne seine Bodenständigkeit, und so etwas kommt an im DFB, in dem Amateurvereine ein starkes Gewicht haben. Er wolle auch Zeit haben, bei einem Oberliga-Spiel "eine Wurst zu essen und eine Schorle zu trinken", sagt Keller.
Und beiläufig macht er damit auch klar, dass er die lange vermisste Wertschätzung des Amateurbereichs Ernst nehmen will. Alles mit dem einen, übergeordneten Ziel vor Augen: Die "Einheit des deutschen Fußballs" wiederherzustellen. Angesichts des Dauerkonflikts zwischen Profis und Amateuren, aber auch dem tiefen Misstrauen vieler Fans zum DFB, eine große Aufgabe.
Amateur- und Profivereine hinter Fritz Keller
Die Neuausrichtung des DFB nach außen und nach innen sollen im Einklang erfolgen. Daran lässt Fritz Keller keinen Zweifel. Seinen Heimatverein SC Freiburg hat er mit kontinuierlicher Arbeit weit nach oben gebracht. Übrigens auch im Frauenfußball, der ihm besonders am Herzen liegt. Vielleicht liegt die Chance des großen DFB wirklich darin, sich mit dieser Kraft und Kompetenz von der Basis zu erneuern.