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Freund und Helfer weltweit

Steffen Leidel21. Januar 2004

Deutsche Experten des Bundeskriminalamtes werden ab März mit der Ausbildung irakischer Polizisten in den Vereinigten Arabischen Emiraten beginnen. Geschätzt wird deutsche Polizeiarbeit aber nicht nur in der Golfregion.

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Deutsche Polizisten vor dem Abflug nach KabulBild: dpa

Auch Deutschland leistet seinen Beitrag zur Befriedung des Irak und nutzt dabei eine Hintertür. Deutsche Soldaten im Irak, das ist im Moment weder gewünscht noch politisch durchsetzbar. Stattdessen schickt die Bundesregierung jetzt Polizisten. Eine Gruppe von Experten des Bundeskriminalamts (BKA) wird ab März 2004 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) 154 Iraker schulen. Dabei geht es vor allem um die Vermittlung von Kenntnissen der Kriminaltechnik wie Spurensicherung und Tatortarbeit. Darauf einigte sich Bundesinnenminister Otto Schily bei seiner viertägigen Reise durch die Golfregion mit Vertretern der VAE. Das Land erklärt sich bereit die Unterbringung und Versorgung der Beamten aus Deutschland und der irakischen Kollegen zu übernehmen. "Die Bundesregierung trägt lediglich die Reisekosten", sagt die Sprecherin des Innenministeriums, Isabel Schmitt-Falckenberg, zu DW-WORLD.

Haupteinsatzgebiet Kosovo

Deutsche Polizei im Kosovo
Ärmel einer deutschen Polizeiuniform mit dem Emblem der Vereinten NationenBild: dpa

Nähere Einzelheiten über die BKA-Mission wurden bislang nicht bekannt. Die VAE sind damit das sechste Land, in dem deutsche Polizisten in Friedensmissionen derzeit unterwegs sind. Nach Angaben des Innenministeriums sind 439 Polizisten im Ausland eingesetzt. Auf das Kosovo entfällt dabei der Löwenanteil: 323 Beamte leisten dort ihren Dienst. In Bosnien sind es 76, in Mazedonien 20, in Georgien drei und in Afghanistan 17. Die Beamten erfüllen dabei sehr unterschiedliche Aufgaben. Sie reichen von der Schulung von Polizeikräften, dem Kampf gegen Drogen und Betrug bis hin zur Bestrafung von Verkehrssündern. "Im Kosovo übernehmen die deutschen Beamten alle Polizeiaufgaben die anfallen", sagt Uwe Mainz, Leiter der Auslandseinsätze beim Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei in Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit DW-WORLD. In Bosnien dagegen beschränkten sich die Beamten auf die Beobachtung und Kontrolle der dortigen Polizeiarbeit. In Afghanistan helfe man beim Aufbau einer Polizei.

Eine Entsendung von Polizisten in ein Krisengebiet sei nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen (UN) möglich, sagt Rüdiger Holecek von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). In anderen Fällen, wie jetzt in den VAE oder in Afghanistan, werden bilaterale Abkommen mit den Regierungen der Einsatzgebiete geschlossen. Ein Beispiel für einen UN-Einsatz ist das Kosovo. "Dort arbeiteten schon Polizeikräfte aus 50 Nationen gleichzeitig", sagt Mainz, der selbst für ein Jahr im Kosovo war. Die Folge sei ein "kunterbuntes Treiben", in dem unterschiedliche Philosophien von Polizeiarbeit aufeinanderprallen. "Die Amerikaner legen beispielsweise in Sheriff-Manier sofort Handschellen an - indische Polizisten würden das nie tun, um den Verhafteten nicht bloßzustellen", sagt Mainz. Deutsche Polizisten agierten eher zurückhaltend: "Bürgernah" und "deeskalierend" sollen sie sich geben, nicht brutal und Furcht einflößend. Das Rezept scheint aufzugehen. "Die Leute respektieren das", sagt Mainz. Auch wegen der sehr guten Ausbildung haben sich deutsche Polizisten einen guten Ruf im Ausland erworben, meint auch Gewerkschaftler Holecek.

Nichts für Übermütige

"Für die Auslandseinsätze wollen wir keine Abenteurer", sagt Mainz. Chancen haben nur Bewerber, die mindestens acht Jahre im Dienst sind sowie Sprachkenntnisse und intakte Familienverhältnisse nachweisen können. Wird ein Beamter ausgewählt, hält sich die Freude in den Polizeirevieren allerdings oft in Grenzen. Die deutsche Polizei leidet schließlich unter Personalknappheit und da ist schon einmal Zähneknirschen zu hören, wenn ausgerechnet die besten Kräfte abgezogen werden.

Finanziell lohnt sich ein Auslandseinsatz für die Polizisten durchaus. In einigen Fällen verdienen sie fast doppelt so viel wie üblich. "Das ist aber auch gerechtfertigt", sagt Mainz, "Auslandseinsätze sind hart". Da müsse man schon einmal eine Woche ohne fließend Wasser oder Strom auskommen. Viel belastender sei jedoch, wenn die Beamten mit der kruden Wirklichkeit in Krisengebieten konfrontiert werden. Ein traumatisches Erlebnis widerfuhr einem deutschen Polizisten im Kosovo. Der Familienvater musste mit ansehen wie zwei Kinder auf eine Mine traten und in seinen Armen verbluteten, weil die medizinische Hilfe ausblieb.

Besonders problematisch für viele Polizisten ist die Rückkehr in den deutschen Polizistenalltag. "Viele haben Schwierigkeiten sich wieder zu integrieren. Das macht uns große Sorgen", sagt Mainz. Deshalb biete man den Beamten einen einwöchigen "Nachbereitungskurs" an.