Freispruch für Kardinal Barbarin
30. Januar 2020Ein Berufungsgericht in der französischen Stadt Lyon urteilte, Kardinal Philippe Barbarin habe sich nicht schuldig gemacht. Das Gericht folgte mit dem Freispruch dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Sie hatte argumentiert, der Kardinal könne nicht persönlich für "Fehler" der katholischen Kirche haften. Der 69-Jährige hatte zwar persönliche "Irrtümer" eingestanden, aber keine Schuld im juristischen Sinne.
In erster Instanz war der Erzbischof von Lyon und höchste katholische Würdenträger Frankreichs im März 2019 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Hintergrund waren Anschuldigungen gegen einen Priester, der vor Jahrzehnten zahlreiche Kinder sexuell belästigt haben soll. Der Kardinal habe diese Vorfälle vertuscht, befanden die Richter im vergangenen Jahr. Barbarins Anwälte legten Berufung gegen das Urteil ein.
Barbarin hatte dem Papst nach dem ersten Urteil seinen Amtsverzicht angeboten, den Franziskus jedoch nicht annahm. Da das Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, gelte die Unschuldsvermutung, so der Vatikan.
Barbarin hatte nach dem ersten Urteil sein Amt als Erzbischof von Lyon ruhen lassen. Die Geschäfte führt derzeit Generalvikar Yves Baumgarten. Ob der Kardinal an die Spitze des Erzbistums zurückkehren wird, ist unklar. Barbarin wurde 2002 Erzbischof von Lyon. Seit 2003 gehört Barbarin dem Kardinalskollegium an. 2012 sorgte er mit kritischen Äußerungen zum Adoptionsrecht für Homosexuelle sowie zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare für eine Kontroverse.
Gesondertes Verfahren gegen den beschuldigten Priester
Gegen den Priester, der die Kinder missbraucht hat, läuft derzeit in Lyon ein gesondertes Verfahren. Die Anklage fordert mindestens acht Jahre Haft. Der 74-Jährige hat gestanden, als Leiter von Pfadfindergruppen und Ferienlagern zeitweise "vier bis fünf Kinder pro Woche" missbraucht zu haben. Ein Teil der Übergriffe aus den Jahren 1971 bis 1991 ist bereits verjährt.
qu/kle (kna, dpa, afp)