Freispruch in Istanbuler Ehrenmordprozess
30. Mai 2017Das Gericht für schwere Straftaten in der türkischen Metropole Istanbul erklärte, man könne den 36 und 38 Jahre alten Angeklagten den Vorwurf der Beihilfe zur vorsätzlichen Tötung an ihrer Schwester nicht nachweisen. Es hätten "nicht genügend eindeutige und glaubhafte, klare Beweise gefunden werden können", heißt es in der Begründung des Gerichts. Der ältere der beiden Angeklagten wurde zudem wegen Mangel an Beweisen vom Vorwurf des illegalen Waffenbesitzes freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden Beschuldigten vorgeworfen, im Jahr 2005 den jüngsten Bruder - der in Deutschland seine neunjährige Jugendstrafe bereits verbüßt hat und in Istanbul nicht angeklagt wurde - mit dem Mord an ihrer jüngeren Schwester Hatun beauftragt zu haben. Das Ziel der beiden Angeklagten sei es gewesen, die Familienehre wieder herzustellen. Den ältesten der Brüder hatten sie zudem beschuldigt, die Tatwaffe besorgt zu haben. Für beide Angeklagten hatte die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft gefordert.
Mord zur Rettung der Familienehre
Der jüngste Bruder hatte Hatun Sürücü im Februar 2005 an einer Bushaltestelle in Berlin erschossen. Nach Verbüßung der Strafe wurde er in die Türkei abgeschoben. Damals gab er zu Protokoll, den westlichen Lebensstil seiner Schwester verachtet zu haben. Im Prozess gegen seine beiden älteren Brüder in Istanbul hatte er ausgesagt, die Tat allein begangen zu haben.
Auch die beiden älteren Brüder standen in Deutschland vor Gericht, wurden aber zunächst aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hob die Freisprüche 2007 auf. Weil die beiden Männer sich in die Türkei abgesetzt hatten, konnte der Prozess jedoch nicht neu aufgerollt werden. Erst 2013 eröffnete die türkische Justiz ein eigenes Strafverfahren gegen die beiden Männer.
Der Mordfall, vermeintlich begangen im Namen der Familienehre, hatte 2005 viel Aufsehen erregt.
qu/ww (dpa)