Freigelassene Ausländer haben Myanmar verlassen
18. November 2022Seit Freitagfrüh Ortszeit (18.11.2022) ist Toru Kubota wieder in seiner japanischen Heimat. Der 26-jährige Filmemacher und Videojournalist kam mit einem Linienflug von Yangon über Bangkok zurück nach Tokio. "Meine Dankbarkeit für meine Unterstützer und die Regierung in Japan lässt sich nicht in Worte fassen", sagte Kobuta nach der Ankunft am Flughafen. Kubota wurde auf "dringendes Ersuchen" der japanischen Regierung freigelassen, teilte Kabinettschef Hirokazu Matsuno mit.
Kubota ist einer von vier zu Haftstrafen verurteilten Ausländern in Myanmar, die am Donnerstag (17.11.) im Zuge einer Amnestie anlässlich des Nationalfeiertages freikamen. Begnadigt wurden auch der australische Ex-Wirtschaftsberater der abgesetzten Führerin Aung San Suu Kyi, Sean Turnell, die ehemalige britische Gesandte Vicky Bowman sowie U Kyaw Htay Oo, eine Burmesin mit US-Staatsbürgerschaft. Am Donnerstag zeigte Myanmars staatlicher Fernsehsender MRTV Aufnahmen der freigelassenen Ausländer, die ihre Ausreisedokumente unterzeichneten. In einer Ankündigung in den staatlichen Medien hieß es, dass die vier Personen "aus humanitären Gründen sowie aufgrund der diplomatischen Beziehungen zwischen Myanmar und ihren jeweiligen Ländern" freigekommen seien.
Viele Dissidenten weiter in Haft
Insgesamt setzte die Militärregierung in Myanmar nach eigenen Angaben 5.774 Gefangene auf freien Fuß. Darunter waren laut der unabhängigen Überwachungsgruppe "Assistance Association for Political Prisoners" mindestens 53 politische Gefangene. Die Organisation bezifferte die aktuelle Zahl der politischen Gefangenen vor der Amnestie auf 12.976. Nach ihren Daten hat die Junta seit dem Putsch im Februar 2021 gegen die die demokratisch gewählte Regierung unter Aung San Suu Kyi 16.246 Menschen verhaftet und 2.516 Menschen getötet.
Analysten zufolge will die Junta mit der Amnestie die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Staaten in Südostasien, besänftigen und ihre Unterstützung für die geplante Parlamentswahl im August 2023 gewinnen. Die Militärs erkennen die Wahlen vom November 2020, die Suu Kyi und ihre Nationale Liga für Demokratie klar gewonnen hatten, nicht an. Der Zeitpunkt der überraschenden Amnestie zielt nach Ansicht von Human Rights Watch auf den regionalen Wirtschaftsgipfel der APEC-Staaten in Bangkok in dieser Woche.
"Myanmar sollte keine Drehtür für Verhaftungen und Entlassungen sein, wenn das internationale Rampenlicht durch regionale Gipfeltreffen auf das Land gerichtet ist", kritisierte Elaine Pearson, Asien-Direktorin von Human Rights Watch. "Wir brauchen anhaltenden internationalen Druck auf die Junta durch koordinierte gezielte Sanktionen und ein UN-Waffenembargo, um den Waffenfluss zu stoppen."
Kubota: "Die Menschen in Myanmar müssen weiter dort leben"
Kubota war am 30. Juli dieses Jahres festgenommen worden, als er eine Protestdemonstration in Yangon filmte. Die Aufnahmen dienten seinem neuen Dokumentarfilm über "die Einsamkeit eines burmesischen Mannes". Kubota produzierte mehrere Filme über die muslimische Minderheit der Rohingya, die im mehrheitilch buddhistisch geprägten Myanmar seit Jahrzehnten verfolgt wird, und arbeitete unter anderem für die Medien Vice Japan, BBC und Al-Jazeera. Im Oktober verurteilte ihn ein vom Militär kontrolliertes Gericht wegen Aufwiegelung und Verstößen gegen das Gesetz zur elektronischen Kommunikation zu sieben Jahren Gefängnis, da er an der Demonstration teilgenommen und während der Dreharbeiten mit Teilnehmern gesprochen hatte. Weitere drei Jahre Haftstrafe erhielt Kubota bei einem zweiten Prozess, weil er mit einem Touristenvisum aus dem benachbarten Thailand ins Land eingereist war.
Kubota musste seine Strafe im Gefängnis Insein für politische Gefangene in Yangon absitzen, das berüchtigt ist für unmenschliche Haftbedingungen sowie Misshandlung und Folter von Insassen. "Ich lebte in Einzelhaft und die 10-jährige Haftstrafe lastete schwer auf mir", sagte Kubota. "Aber die Menschen in Myanmar müssen weiter dort leben. Sie leiden unter der Unfreiheit, auch wenn es schwer zu erkennen ist. Ich war verzweifelt, als ich verhaftet wurde, aber die Menschen dort sind schon seit Generationen verzweifelt."
Unter den freigelassenen politischen Gefangenen war auch Ko Mya Aye, einer der Studentenführer des ersten großen Aufstandes gegen die Regierung 1988, ebenso Maung Thar Cho, ein bekannter Schriftsteller, Professor und Politiker, der Mönch U Pinnyasiha und Myo Nyunt, ein Sprecher der von Suu Kyi gegründeten Nationalen Liga für Demokratie. Im Juli hatte die Militärjunta in einer Eskalation ihrer Repression von politischen Gegnern vier pro-demokratische Aktivisten hingerichtet, darunter den prominenten Dissidenten Ko und U Phyo Zeya Thaw, einen ehemaligen Hip-Hop-Künstler, der ins Parlament gewählt wurde.