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Frauen in Nepal

Thomas Bärthlein, zurzeit Katmandu15. April 2008

Schleier und Armreifen bleiben Zuhause: Bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung in Nepal war eine Frauenquote verbindlich. Einigen wenigen ist der Schritt in die Politik gelungen.

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Karima Begum: Kandidatin des Madhesi-Forums in Birganj (08.4.2008, DW)
Karima Begum: Kandidatin des Madhesi-ForumsBild: DW / Thomas Bärthlein
Parteibüro des Madhesi-Forums in Birjani (8.04.2008, DW)
Parteibüro des Madhesi-Forums in BirjaniBild: Thomas Bärthlein

Sie ist eloquent und selbstbewusst. Mitten unter älteren Männern ist es offensichtlich, dass die junge Frau hier die Chefin ist. Die 32-jährige Karima Begum ist für die Regionalpartei "Madhesi-Forum" bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung in Nepal angetreten, die am 10. April 2008 stattgefunden hat.

Das Gefühl von Solidarität, ein starkes Unrechts-Bewusstsein und Mut haben Begum in die Politik gebracht. Als Kind schon habe sie Mitleid gehabt mit allen, denen es schlecht ging: "Ich setzte mich zu ihnen und sagte zu Gott: 'Oh Allah, warum ist der krank geworden? Lass mich diese Krankheit auf mich nehmen!'"

Bis zu zwei Stunden warten sie in der prallen Sonne: Frauen in Kathmandu vor der Stimmabgabe (DW)
Bis zu zwei Stunden warten sie in der prallen Sonne: Frauen in Kathmandu vor der StimmabgabeBild: Thomas Bärthlein/DW

Begum kommt aus einer armen muslimischen Familie und ist seit zwei Jahren in der Madhesi-Bewegung aktiv, in der sich die Bewohner der nepalisch-indischen Grenzregion gegen ihre Benachteiligung durch die in Kathmandu herrschende Elite wehren.

"Ab heute sind wir die Männer"

"Als die Bewegung hier begann und alle Leute auf die Straße gingen, hat die Polizei oft geschossen. Keiner wusste, wer als nächster stirbt, erzählt Begum. "Als die Schüsse kamen, sind alle abgehauen, all die Männer. Ich war alleine da und habe dafür gesorgt, dass die Verletzten ins Krankenhaus kamen. Da war kein Politiker da, und ich wusste nicht mal, was das Madhesi-Forum ist."

Die Erfahrung, dass sie mehr Mut zeigten als die Männer, hat viele Frauen in Birganj, wie Begum mobilisiert. Da habe Begum ihre Armreifen abgestreift und gesagt: "Wenn ihr keine Männer seid, dann zieht ihr die doch an und bleibt zu Hause! Wenn ihr bei der Bewegung nicht mitmachen wollt, kümmert ihr euch zu Hause um Herd und Kinder! Ab heute sind wir die Männer!" erinnert sch Sheila Sarag, eine andere junge Aktivistin im Madhesi-Forum, die die Politisierung Begums hautnah miterlebt hat.

Mit Willen und Zorn

Aktivistin Sheila Sarag mit ihrem Sohn im Madhesi-Forum (08.04.2008, DW)
Aktivistin Sheila Sarag mit ihrem Sohn im Madhesi-ForumBild: DW / Thomas Bärthlein

Wie weit Begum gegangen ist, wird klar, wenn sie von ihrer konservativen muslimischen Familie erzählt: "Solange mein Vater lebte, bin ich nie aus dem Haus gegangen. Höchstens mal heimlich, wenn ich unbedingt wollte."

Ihr politisches Engagement habe sie auch ihrem Mann zu verdanken, der erst dagegen war. Aber als er ihren Willen und ihren Zorn sah, wusste er: Sie sei nicht zu halten. Und dann habe er angefangen, sie zu unterstützen.

Wahlstation in Nepal (10.04.08. AP)
Nepal WahlstationBild: AP

In dieser Region sind aber nicht nur muslimische, sondern auch Hindu-Frauen kaum in der Öffentlichkeit aktiv, da es immer noch viele Tabus gibt es. Die 25-jährige Sheila Sarag pflegte sich vor ihrem Engagement in der Madhesi-Bewegung sogar vor ihrem eigenen Schwager zu verschleiern. Außerdem habe sie nie mit ihm gesprochen. Während Sarag interviewt wird, sitzt er mit in der Runde und lauscht ihren Statements. "Jetzt wird unsere Verfassung kommen! Die Frauen müssen den Schleier ablegen, um ihrer Rechte willen. Wann, wenn nicht jetzt, bei dieser Gelegenheit? Wofür halten die Männer uns?"

Einen ersten Teilerfolg kann Begum bereits feiern: Sie gewann ihr Direktmandat in Birganj kann sich nun aktiv für eine andere Politik einsetzen.