Französischer Senat billigt Rentenreform
22. Oktober 2010Der Gesetzentwurf passierte die zweite Parlamentskammer mit der Mehrheit des bürgerlich-rechten Regierungslagers - 177 Senatoren stimmten am Freitagabend (22.10.2010) für die Rentenreform, 153 dagegen. Kern der Reform ist eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Die volle Rente soll es in Frankreich künftig frühestens mit 62 Jahren statt wie bisher schon mit 60 Jahren geben. Wer nicht lange genug Beiträge eingezahlt hat, soll erst mit 67 in den Ruhestand gehen können. Bislang geht dies bereits mit 65 Jahren.
Verantwortungsvoll oder ungerecht?
Frankreichs Arbeitsminister Eric Woerth bezeichnete die Zustimmung zur Rentenreform als Moment "der Verantwortung, des Muts". Die oppositionelle Sozialistische Partei warf der Regierung hingegen vor, eine "ungerechte Reform" beschlossen zu haben, die den Willen der Franzosen ignoriere. Vor der Abstimmung im Senat hatte bereits die Nationalversammlung das Reformprojekt verabschiedet. Um in Kraft treten zu können, muss der Gesetzentwurf jetzt noch von einem Vermittlungsausschuss von Nationalversammlung und Senat gebilligt werden. Mitte nächster Woche sollen beide Parlamentskammern das Projekt dann endgültig verabschieden.
Schon seit Wochen gibt es in Frankreich Proteste und Streiks gegen die Rentenreform, die sich in den vergangenen Tagen erheblich verschärft hatten. Sarkozys Regierung hofft auf eine Beruhigung der Lage, wenn die Erhöhung des Renteneintrittsalters erst einmal Gesetz ist. Der Präsident, dessen Beliebtheit auf einem Tiefpunkt angekommen ist, betrachtet das Vorhaben als unerlässlich zur Sanierung des Staatshaushalts. Für Frankreich geht es auch um seine Kreditwürdigkeit. Bislang bekommt das Land von den Ratingagenturen die Bestnote "AAA", wodurch Frankreich deutlich günstiger an Kredite kommt als stärker verschuldete Länder.
Polizei erzwingt Zugang zu Raffinerie
Am Freitagmorgen löste die Polizei erstmals die Blockade einer der landesweit zwölf bestreikten Raffinerien auf, die Arbeiter im Zuge der Rentenproteste besetzt hatten. Ein Teil der Streikenden wurde zur Arbeit zwangsverpflichtet. Die Gewerkschaften verurteilten die Aktion als "juristisch illegal und politisch unsinnig". Energieminister Jean-Louis Borloo kündigte an, die Treibstoff-Versorgung im Großraum Paris werde sich durch den Polizeieinsatz in der Raffinerie Grandpuits deutlich verbessern. "Wir werden die Autobahnen für den Familienurlaub sichern", sagte Borloo. In Frankreich beginnen an diesem Samstag zehntägige Herbstferien.
Die Gewerkschaften kündigten unterdessen weitere Proteste an. Am kommenden Donnerstag und am 6. November soll es wieder landesweite Großdemonstrationen geben. Studenten wollen bereits am Dienstag wieder auf die Straße gehen.
Autor: Christian Walz (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Gerd Winkelmann