Verbandschef Le Graët lässt Amt ruhen
11. Januar 2023Der in der Kritik stehende Präsident des französischen Fußballverbands (FFF) Noël Le Graët zieht sich von seinem Amt zurück - vorerst. Dies habe der 81-Jährige mit Zustimmung des Vorstands beschlossen, teilte der FFF mit. Le Graët will seinen Posten demnach bis zur Veröffentlichung eines Prüfberichts zu Missständen innerhalb des Verbands räumen. Der Sender France Info meldete, dass dieser Bericht für Ende Januar erwartet wird. Medienberichten zufolge gilt der frühere UEFA-Chef Michel Platini als möglicher Nachfolge-Kandidat. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete unter Berufung auf eigene Informationen, dass in Frankreichs Fußball an einem Plan mit Platini als Nachfolge gearbeitet werde. Bereits zuvor hatte der Radiosender RMC Sport berichtet, dass sich Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron erkundigt habe, ob es ein Interesse Platinis gebe.
Untersuchung läuft
Derzeit läuft eine vom Sportministerium eingeleitete Untersuchung gegen den Verband und Le Graët zu Missständen wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung. Le Graët soll einem Bericht der Zeitschrift "So Foot" vom vergangenen September zufolge SMS mit sexuellen Anspielungen an Mitarbeiterinnen geschickt haben.
Der Vorstand entschied auch, FFF-Geschäftsführerin Florence Hardouin vorläufig zu suspendieren. Der bisherige Vizepräsident des Verbands, Philippe Diallo, soll übergangsweise die beiden Posten ausfüllen. Ein Rücktritt Le Graëts wurde verschiedenen Medien zufolge jedoch nicht thematisiert.
Zuletzt war der Verbandschef durch weitere Anschuldigungen der sexuellen Belästigung sowie durch Aussagen über den ehemaligen Weltmeister Zinédine Zidane weiter unter Druck geraten. Dem "Parisien" zufolge entschuldigte Le Graët sich bei dem Vorstand für seine Worte und stritt die Vorwürfe ab.
Heftige Kritik nach Zidane-Aussetzer
Am Sonntag war Le Graët beim Sender RMC Sport zu einem möglichen Engagement des ehemaligen Welt- und Europameisters als Nationaltrainer von Brasilien gefragt worden. "Er kann hingehen, wohin er will", hatte Le Graët lapidar unter anderem gesagt. Es sei ihm völlig egal. Und hätte Zidane versucht, mit ihm zu telefonieren, wäre er nicht mal rangegangen. Zuvor hatte Le Graët den Vertrag mit Nationaltrainer Didier Deschamps verlängert. Zidane war als möglicher Nachfolger von Deschamps im Falle einer Trennung gehandelt worden. Die als respektlos gewerteten Aussagen brachten Le Graët viel Kritik ein.
Frankreichs Superstar Kylian Mbappé schrieb auf Twitter: "Man missachtet eine Legende nicht so." Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra sagte: "Der Präsident (Emmanuel Macron) ist wie die Franzosen wirklich enttäuscht und verletzt, wenn solche Aussagen über solche Legendes des französischen und des Weltsports getroffen werden." Le Graët räumte ein, seine Worte seien ungeschickt gewesen und sagte, er wolle sich bei Zidane entschuldigen.
Nicht nur aus dem Sport, sondern auch aus der Politik kam Gegenwind: Regierungssprecher Olivier Veran übte deutliche Kritik. Der französische Fußballverband "verdient einen Präsidenten, der der Aufgabe gewachsen ist", forderte er. Nicht nur die abfälligen Kommentare über Zidane seien problematisch. "Es gibt noch andere Dinge, die hinzukommen. Das Fass läuft über." Die FFF brauche "einen Präsidenten, der es ermöglicht, dem französischen Fußball in der ganzen Welt ein gutes Image zu verleihen."
jk/asz (dpa,sid)