Frankreich fordert Stopp von Nord Stream 2
2. Februar 2021Frankreich zieht Konsequenzen aus dem Vorgehen Russlands gegen den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und seine Anhänger und fordert einen Stopp der Gas-Pipeline Nord Stream 2. Zu den Finanzinvestoren der umstrittenen Gaspipeline zählt auch der französische Energiekonzern Engie, an dessen Kapital der Staat zu knapp einem Viertel beteiligt ist.
Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune sagte am Montag im Sender France Inter auf die Frage, ob er dafür sei, Nord Stream 2 aufzugeben: "In der Tat, wir haben das bereits gesagt." Beaune sagte, man habe bereits Sanktionen verhängt, aber das reiche nicht. In Bezug auf weitere mögliche Konsequenzen fügte er hinzu, die Ostsee-Pipeline sei eine Option, die man in Betracht ziehen müsse. "Wir haben immer gesagt, dass wir in diesem Kontext die größten Zweifel an diesem Projekt haben." Beaune stellte allerdings klar, es sei eine deutsche Entscheidung.
Auch das Europaparlament hatte sich unlängst für einen sofortigen Stopp des Baus ausgesprochen. Schon seit langem wird über die Gaspipeline gestritten. Dabei geht es nicht nur um Menschenrechte.
Kritik aus den USA und Osteuropa
Die USA und mehrere europäische Staaten, darunter Polen, sind gegen die Pipeline. Sie warnen vor einer zu großen Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas und negativen Folgen für osteuropäische Staaten.
Unter ihrem damaligen Präsidenten Donald Trump hatten die USA Ende 2019 Sanktionen verhängt, mit der die Fertigstellung von Nord Stream 2 verhindert werden sollte. Weitere Strafmaßnahmen gegen das am Bau der Pipeline beteiligte russische Verlegeschiff wurden einen Tag vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Joe Biden verhängt.
Die neue US-Regierung ist nun einem Zeitungsbericht zufolge unter bestimmten Bedingungen zu einer Aufhebung der Sanktionen bereit. Washington erwarte jedoch von Deutschland einen Vorschlag, der die US-Bedenken gegenüber dem umstrittenen deutsch-russischen Projekt berücksichtigen müsse, berichtete das Handelsblatt (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf einen an den internen Gesprächen beteiligten US-Beamten.
"Die Deutschen müssen eine Paketlösung auf den Tisch legen", sagte der Beamte laut Handelsblatt. Auf Interesse stößt in Washington dem Bericht zufolge der Vorschlag, Nord Stream 2 mit einem Abschaltmechanismus zu versehen, der für den Fall aktiviert werden könnte, dass Moskau versucht, die Ukraine unter Druck zu setzen, indem es weniger Gas durch eine anderer Pipeline leitet, die durch die Ukraine führt. Bisher profitiert die Ukraine finanziell von den anfallenden Transitgebühren. Auch das Abkommen, das den Transit des russischen Erdgases durch das Leitungssystem der Ukraine regelt, müsse aus Sicht der USA neu verhandelt werden.
Deutschland weiterhin für Nord Stream 2
Die deutsche Bundesregierung hält dagegen an Nord Stream 2 fest. Sie verurteilte zwar das Vorgehen der russischen Führung gegen ihre Kritiker, aber "ein direkter Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und Nord Stream 2 besteht nicht", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert im Januar.
Doch auch in Deutschland mehren sich die Stimmen, die einen Stopp oder eine Aussetzung von Nord Stream 2 fordern. So sagte Renata Alt von der FDP gegenüber der DW. "Es ist wichtig, dass jetzt ein Baustopp verhängt wird, bis sich auch die russische Seite bewegt, was die Aufklärung der Vergiftung von Alexej Nawalny angeht. Man darf nicht zuschauen, wie die Pipeline jetzt einfach weitergebaut wird."
Auch die Grünen bekräftigten ihre Kritik an dem Projekt. "Es ist eine Putin-Pipeline und sie sollte nicht weitergebaut werden", sagte Parteichef Robert Habeck am Montag in Berlin mit Blick auf den Umgang des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit seinen Kritikern.
Ende vergangenen Monats wurden die Arbeiten zur Fertigstellung der Pipeline wieder aufgenommen.
Nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom als Hauptinvestor von Nord Stream 2 sind 94 Prozent der Leitung bereits fertiggestellt. Sie besteht aus zwei Strängen mit einer Länge von jeweils rund 1230 Kilometern und soll pro Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern können.
iw/bea (dpa, afp, reuters)