Frühlingserwachen in Buenos Aires
22. März 2016"Macri erlebt einen goldenen Moment", schreibt der Kolumnist Carlos Cué in der Lateinamerika-Edition der spanischen Tageszeitung "El País". "Er hat bewiesen, dass er wichtige Gesetzesvorhaben trotz Opposition durch den Kongress bringen kann. Und nun kommt kein geringerer als US-Präsident Barack Obama zu Besuch."
Argentinien ist zurück auf der internationalen Bühne. Nach jahrelanger außenpolitischer Abschottung unter den Regierungen von Nestor und Cristina Kirchner (2003 bis 2015) wendet sich das südamerikanische Land wieder seinen alten Verbündeten zu. Bereits im Februar dieses Jahres machten Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Premier Matteo Renzi dem am 22. November 2015 gewähltem Staatsoberhaupt ihre Aufwartung.
Freihandel, nein danke!
Und nun also Obama. Für US-Präsidenten ist Argentinien kein leichtes Terrain. Der letzte Besuch aus dem Weißen Haus in Buenos Aires liegt elf Jahre zurück. Auf dem Amerika-Gipfel 2005 wurde der Plan von George Bush abgeschmettert, eine Freihandelszone von Alaska bis Patagonien (Alca) zu gründen.
Auch Barack Obamas Besuch ist nicht unumstritten. Denn Obama landet genau einen Tag vor dem Gedenken an den argentinischen Militärputsch (24.3.1978) vor gut 40 Jahren. Nobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel schrieb in einem offenen Brief an Obama, er sei „an diesem Tag nicht willkommen“, weil die "USA hinter allen Destabilisierungsversuchen auf dem Kontinent stecken".
Argentiniens Präsident Mauricio Macri dürfte da anderer Meinung sein. Für ihn kommt Obamas Rückendeckung zur rechten Zeit. Er will einen Schlussstrich unter die Schuldenkrise des Landes setzen und legte deshalb den Gläubigern bereits im Februar ein entsprechendes Angebot vor.
Danach will die Regierung in Buenos Aires 6,5 Milliarden Dollar an sechs Hedgefonds und 1,3 Milliarden Dollar an eine Gruppe italienischer Investoren zurückzahlen. Dies entspricht rund 75 Prozent der offiziellen Forderungen.
Trauma Zahlungsunfähigkeit
Die Schuldenkrise geht auf die Staatspleite Ende 2001 zurück. Damals hatten die Gläubiger von 93 Prozent der rund 100 Milliarden Dollar Staatsschulden in mehreren Umschuldungsrunden einem Verzicht von mehr als zwei Drittel ihrer Forderungen zugestimmt. Nur sieben Prozent verweigerten eine Umschuldung und zogen vor Gericht.
Zu diesen sogenannten "Holdouts" gehörten auch die US-amerikanischen Hedgefonds NML und Aurelius, die Argentiniens Anleihen zu Ramschpreisen aufgekauft hatten. Die Krise spitzte sich zu, als der New Yorker Richter Thomas Griesa 2012 entschied, dass Argentinien zunächst die Forderungen der Hedgefonds erfüllen müsse, bevor es Zahlungen auf die umgeschuldeten Anleihen leisten dürfe.
Argentiniens Ex-Präsidentin Cristina Kirchner blies daraufhin zum verbalen Gegenangriff. Man werde sich nicht von "Geierfonds" und "Finanzterroristen" erpressen lassen, lautete die Argumentation. Die Konfrontation führte zum technischen Default. Seit August 2014 ist Argentinien der Zugang zum internationalen Finanzmarkt - und damit zu Krediten - versperrt.
Mittlerweile ist die Blockade aufgehoben. Die Hedgefonds haben dem Angebot zugestimmt. Das argentinische Parlament billigte den Deal am 15. März. Nach diesem politischen Triumph von Präsident Macri gilt die noch ausstehende Zustimmung Ende März im argentinischen Senat als sicher.
Der Schuldenberg wächst
Doch der Preis für die Rückkehr Argentiniens ist dramatisch: Um allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, muss die Regierung Kredite in Höhe von rund 12,5 Milliarden Dollar aufnehmen, heißt es in Medienberichten. Dies entspricht der höchsten Auslandsverschuldung des Landes seit 1996.
Argentiniens ehemaliger Wirtschaftsminister Axel Kicillof sieht bereits wieder die Geier über Buenos Aires kreisen. "Müssen wir uns so erniedrigen?", wird er in der einheimischen Presse zitiert. "Die Auslandsverschuldung hat unserem Land bisher stets Armut gebracht und unsere Industrie schrumpfen lassen."
Sein Nachfolger Alfonso Prat-Gay widerspricht: "Zum ersten Mal seit 15 Jahren befreit sich Argentinien wirklich aus seiner Insolvenz", erklärte er. "Die Einigung mit den Gläubigern hat die Wirtschaft mit Erwartungen überflutet."