Früher Fotofan: Alexander von Humboldt
13. Oktober 2018Staunend und forschend hat er die Welt entdeckt - und die Fotografie, wie ein Blick in die neueste Ausstellung des Museums zeigt: "Alexander von Humboldt, die Fotografie und sein Erbe", heißt sie etwas umständlich. Die Fotoexpertin Miriam Halwani hat sie kuratiert. Der Naturforscher war fasziniert von der damals neuartigen Technik; auch wenn er zeitlebens nie selbst auf den Auslöser gedrückt hat. Es sind zwei spektakuläre Fotobände, die Auskunft geben über Humboldts Beziehung zur Fotografie.
Ein Album bekam Humboldt 1844 von William Henry Fox Talbot, als Erfinder des Negativs einer der Pioniere der Fotografie, geschenkt. Humboldt und Talbot waren sich erstmals 1827 in Berlin begegnet. Beide verband das Interesse an Naturwissenschaften. Der Geschenkband von 1844 entstand im selben Jahr wie Talbots berühmtes Fotobuch "Pencil of Nature" und ist damit möglicherweise das erste Fotobuch der Welt. Es enthält 22 Aufnahmen, darunter auch ein Pflanzenfotogramm. "Vielleicht hätte Humboldt sie selbst angefertigt, wäre die Fotografie früher erfunden worden", spekulieren die Ausstellungsmacher."Eine der freuendsten Entdeckungen unserer Zeit"
Das zweite, großformatige Album umfasst 47 Aufnahmen aus Südamerika um 1857/58. Der aus Ungarn stammende Fotograf Paul de Rosti überreichte es Humboldt 1858 persönlich - zum Dank für dessen Reiseunterstützung. Bei den Aufnahmen handelt es sich um nicht weniger als die frühesten bekannten Aufnahmen aus Mexiko, Venezuela und Kuba. Nun fügen sie sich ein in die mit 70.000 Werken außerordentlich gut bestückte Fotosammlung des Museum Ludwig.
Schon früh war Alexander von Humboldt begeistert von den Möglichkeiten der Fotografie: Nachdem er in Paris frühe Aufnahmen von Louis Jacques Mandé Daguerre gesehen hatte, einem der Pioniere der Fotografie, schrieb er 1839 an eine Bekannte: "Gegenstände, die sich selbst in unnachahmlicher Treue malen; Licht, gezwungen durch chemische Kunst, in wenigen Minuten bleibende Spuren zu hinterlassen, die Contouren bis auf die zartesten Teile scharf zu umgrenzen." Da saß Humboldt - bereits 70-jährig - in einer Kommission der französischen Akademie der Wissenschaften, die über das Verfahren der Daguerreotypie zu befinden hatte. "Es ist eine der freuendsten und bewunderungswürdigsten Entdeckungen unserer Zeit", befand er. Und: "Die Bilder haben einen ganz unnachahmlichen Naturcharakter, den die Natur nur selbst hat aufdrücken können."
Der Sammler Erich Stenger
Dass zahlreiche Daguerreotypien, Kalotypien und andere Dokumente aus der Frühzeit der Fotografie jetzt im Kölner Museum Ludwig zu sehen sind, ist vor allem der Sammelwut des Berliner Professors für fotografische Chemie, Erich Stenger (1878-1957), zu verdanken. Seine riesige Kollektion ging in der Leverkusener Sammlung Agfa auf, die die Stadt Köln schließlich im Jahr 2005 erwerben konnte.
Kaum ein Medium hat die Entschlüsselung der Welt schneller vorangetrieben als die Fotografie. Humboldt erkannte früh ihre Vorzüge: "Welch ein Vorteil für Architekten, den ganzen Säulengang von Baalbek, oder den Krimskrams einer gotischen Kirche in zehn Minuten in Perspektive auf dem Bilde aufzunehmen", notierte der Forscher.
Humboldt, daran erinnert die Kölner Schau, war ein Mann der Bilder. Viele seiner Natureindrücke goss er in Zeichnungen. Doch hätte er die technischen Möglichkeiten der Fotografie gehabt, er hätte sie wohl genutzt für seine akribischen Natur- und Landschaftsdarstellungen - selbst für das Eigenmarketing: Ein Porträt aus dem Jahr 1857 zeigt ihn mit strengem Blick, die Beine übereinandergeschlagen - bereit, mit ein paar Sekunden Stillsitzen Fotografie-Geschichte zu schreiben.