Forscherleben im Schatten der Vulkane
2. August 2010Mit Hilfe von Satelliten-Positionsmessungen untersucht sie, wie sich die Erdoberfläche in der Umgebung eines Vulkans kurz vor einer Eruption verändert. Ihr Ziel ist es, ein Frühwarnsystem zu entwickeln, das der Bevölkerung einen bevorstehenden Vulkanausbruch ankündigt. Denn mit Vulkanausbrüchen lebt sie und ihre Familie bereits seit Generationen.
Geschichten vom Vulkan kennt Sigrún Hreinsdóttir daher reichlich. Wie die vom Ausbruch der Katla, den ihre Urgroßeltern erlebten. Diese Geschichte hat die Forscherin besonders beeinduckt: "Als sie zurück schauten, sahen sie diese riesige Wasserwand auf sich zukommen und die Eruption der Katla. Sie flohen auf dem Pferd vor der Flut. Diese Familiengeschichten vom Überleben und dem Leben mit dem Vulkan lassen dich nicht los, das geht ins Blut."
Heute erforscht die Geophysikerin die Vulkane ihrer Heimat. Zu tun hat die 37-jährige genug: Island ist die größte Vulkaninsel der Welt. Den Eyafjallajökull hat sie besonders im Blick. Der bekannteste Feuerberg lässt es sich nicht nehmen, die Besucher wenigstens durchzurütteln.
Auf seinem Rücken haben die Vulkanforscher Hightech installiert. Die GPS-Station übermittelt ihren genauen Standpunkt an Satelliten. Bewegt sie sich, kann Sigrún Hreinsdóttir auf Aktivitäten des Vulkans schließen.
Die Wissenschaftler haben die GPS-Stationen rund um den Vulkan verteilt. Am Computer modellieren sie dann die Daten und können so sehen, wie sich das Magma unter der Erdoberfläche bewegt.
Auf dem Rückweg schaut die Vulkanforscherin bei einer Bekannten vorbei. Auf einem Bauernhof am Hang des Eyafjallajökull. Die Asche steckt noch in den Schuhen. Aber die Tiere können wieder draußen weiden. Die Familie, die auf dem Hof lebt, hat den Schock zwar einigermaßen überwunden. Aber wenn Sigrún Hreinsdóttir vorbeischaut, geht es nach wie vor um ein Thema. Den Ausbruch des Vulkans im Frühjahr, als der Eyafjallajökull über ihnen seine Asche ausspie. "Wir haben vorher Übungen gehabt", sagt die Bäuerin Magdalanaó Hreinsdóttir, "Man hat über einen Ausbruch geredet, aber in Wahrheit hatten wir keine Ahnung, wie es tatsächlich sein würde. Es war Stress, es war ein bisschen seltsam, sein Zuhause zu verlassen. Plötzlich war unser Zuhause kein sicherer Ort mehr."
Auch in der Hauptstadt Reykjavik, die zwei knappe Autostunden entfernt liegt, ist der Vulkanausbruch seitdem Gesprächsthema. Isländer sind eigentlich alle Geologen.
Am Institut für Geowissenschaften der Universität von Island verarbeitet die Vulkanforscherin die Daten. Schon vor dem Ausbruch haben die GPS-Stationen heftig reagiert, haben sich intensiv mit dem Vulkan bewegt - das zeigen die Kurven.
"Je mehr Daten von Vulkanen und Vulkanausbrüchen wir studieren", sagt die Geologin, "desto besser können wir verstehen, wie eine Eruption zustande kommt. Wir können dann sagen: Oh, das Signal ist das gleiche wie das, als der Eyafjallajökull 2010 ausbrach. Und hoffentlich eines Tages einen Vulkanausbruch vorhersagen."
Deshalb errichten Sigrún Hreinsdóttir und ihre Kollegen rund um die Vulkane so viele GPS-Stationen wie möglich. Manche auf Dauer, manche nur für eine kurze Zeit. Auch diese Arbeit gehört zum Job der Vulkanforscherin. Und: das Warten! Bald wieder einen Vulkanausbruch zu sehen, sagt Sigrún Hreinsdóttir, würde sie glücklich machen.
Autorin: Mabel Gundlach
Redaktion: Andreas Neuhaus