Flut in Australien: Krokodil-Gefahr
4. Januar 2011Die Australier nennen Rockhampton "beef captial" - Rinderhauptstadt. Wer sich dem Ort in Zentral-Queensland nähert, wird die Millionen von Rindern in der Umgebung nicht übersehen. Normalerweise, denn momentan überdeckt seine schlammige, braune Brühe die Landschaft. Viele Rinder sind ertrunken, tausende Häuser stehen unter Wasser. "Rockhampton ist vollständig isoliert, kein Flughafen, keine Bahn, keine Straße", sagte die Regierungschefin des Bundesstaats Queensland im Nordosten Australiens, Anna Bligh, nach einem Flug über die betroffene Region. Es sehe aus, als liege die Stadt "inmitten eines Binnenmeeres". Armeehubschrauber und Boote beliefern die Menschen mit Nahrungsmitteln.
Schlangen flüchten ins Trockene
Seit den heftigen Regenfällen über Weihnachten steigt der Pegel immer weiter an. Der Fitzroy-Fluss, der durch Rockhampton fließt, soll in den kommenden Tagen seinen Höchststand von 9,4 Metern erreichen. Wenn diese Prognose eintrifft, wären rund 4000 Häuser überspült, schätzen Experten. "Die Aufräumarbeiten dürften drei bis sechs Monate dauern", sagte der Katastrophenkoordinator Ian Stewart.
Die Behörden forderten die Bürger auf, ihre Wohnungen zu verlassen. Doch viele bleiben trotzdem, sie fürchten Plünderungen. Es drohen jedoch noch weitere Gefahren: In den Wassermassen schwimmen unzählige Gegenstände, Trümmer und Krokodile. Das Gefährliche an den Krokodilen ist ihre dunkle Farbe. In den Wassermassen seien sie kaum von herum schwimmenden Trümmern zu unterscheiden, erklärte der Nothilfekoordinator der Stadt, Scott Mahaffey. Aber nicht nur die Krokodile machen den Einwohnern zu schaffen, sondern auch immer mehr Schlangen. Die Tiere flüchten – genau wie die Menschen – in die restlichen trockenen Flecken der Gegend: auf Bäume und in noch nicht überflutete Häuser. Hinzu kommt, dass Schlangen momentan besonders aggressiv sind. Es ist Paarungszeit, und das macht die aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissenen Tiere besonders gefährlich, erklärt Nothilfekoordinator Mahaffey.
Farmer hofften auf gute Ernte nach der Dürre
Keine Überschwemmung in der jüngeren Geschichte Australiens hat so schwerwiegende Konsequenzen für die Bevölkerung wie die Flut in Queensland. 850.000 Quadratkilometer sind inzwischen betroffen, 22 Städte und Gemeinden mussten zum Teil oder ganz evakuiert werden. Allein seit dem Wochenende sind drei Menschen ertrunken und Dutzende weitere verletzt worden.
Dabei sind die Australier erprobt im Umgang mit Naturkatastrophen. Buschbrände, Dürren und Überschwemmungen - das alles ist auf dem fünften Kontinent keine Seltenheit. In weiten Teilen des Landes wechseln sich Dürre und Flut ab, in unregelmäßigen Abständen - seit Jahrtausenden. Auch die jüngsten Überschwemmungen signalisieren das Ende einer langen Dürreperiode: Zwölf Jahre lang gab es in weiten Teilen der australischen Ostküste kaum Niederschläge. Hunderte von Betriebe sind Pleite. Doch etwa seit Mitte vergangenen Jahres regnet es wieder. Und die Bauern, die durchgehalten haben, freuten sich erst über den Regen und hofften auf die erste Ernte seit Jahren. Doch daraus wird nun wieder nichts.
Schäden in Milliardenhöhe
Analysten schätzen den durch die Fluten direkt entstandenen Einkommensverlust in der Agrar- und Bergbauindustrie auf mindestens vier Milliarden Euro. Nicht abzuschätzen sind die Schäden an der Infrastruktur und die Kosten für die Aufräumarbeiten. Viele Straßen sind von den Wassermassen schwer beschädigt oder weggespült worden.
Mit Milliardenverlusten muss auch die Bergbauindustrie rechnen, nachdem Dutzende von Kohleminen in den vergangenen Tagen ihre Produktion teilweise oder ganz eingestellt haben. Der Südosten von Queensland ist eine der wichtigsten Quellen für Kokskohle auf der Welt. Die Kohleindustrie in Queensland exportiert pro Tag Kohle im Wert von 100 Millionen australischen Dollar.
Hilfe aus den USA
Katastrophenhilfe kommt nun auch aus dem Ausland: Die USA boten Australien wegen der Überschwemmungen Hilfe an. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach der australischen Regierung ihr Beileid wegen der bei der Flutkatastrophe umgekommenen Menschen und der großen materiellen Schäden im Bundesstaat Queensland aus. "Australien ist ein wichtiger Partner und enger Freund der Vereinigten Staaten. Und wir sind bereit, Unterstützung zu leisten", so Clinton.
Autorin: Miriam Klaussner (mit rtr, afp, dpa)
Redaktion: Esther Broders