Situation im Kongo spitzt sich zu
10. November 2008Die Staaten des südlichen Afrika haben am Wochenende erste Maßnahmen eingeleitet und sich bereit erklärt Friedenstruppen in das Krisengebiet zu entsenden, um einen Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo zu verhindern. Daraufhin warnte jedoch der kongolesische Rebellenführer Laurent Nkunda die geplanten afrikanischen Friedenstruppen davor, sich auf die Seite der Regierung zu schlagen.
Unklar blieb bislang, ob die zusätzlichen Friedensoldaten ihren Einsatz im Rahmen des UN-Mandats ausführen werden. Mit 17.000 stationierten Soldaten haben die Vereinten Nationen ihre größte Friedenstruppe im Kongo stationiert. Möglicherweise sollen weitere 3000 Soldaten hinzukommen.
Keine deutschen Soldaten im Kongo
Die EU gibt sich besorgt über das Flüchtlingsdrama im Kongo. "Die humanitäre Lage ist mehr als katastrophal und schwer zu tolerieren", sagte der französische Außenminister Bernard Koucher am Montag (10.11.2008) in Brüssel. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) erteilte den Forderungen nach Bundeswehrsoldaten für den Kongo erneut eine Absage. Man setze auf eine politische Lösung. Auch die britische Regierung plane keine Friedenstruppen in den Kongo zu entsenden.
Seit mehreren Wochen kämpfen Tutsi-Rebellen und Regierungssoldaten im Osten des Kongo um die Kontrolle der Provinz Nord-Kivu. Obwohl internationale Friedensbemühungen eingeleitet worden sind, ist es am Wochenende zu erneuten Kämpfen zwischen Tutsi-Rebellen und Truppen der Regierung gekommen. Rund 250.000 Menschen sind wegen der jüngsten Kämpfe in Nord-Kivu auf der Flucht. Hilfsorganisationen berichten immer wieder von Massakern und Gräueltaten an Zivilisten.
Steigende Gefahr einer Cholera-Epidemie
Die in einem Flüchtlingslager ausgebrochene Cholera im Osten Kongos hat sich auf die Provinzhauptstadt Goma ausgeweitet. Denn die anhaltenden Gefechte haben zehntausende Menschen aus verschiedenen Flüchtlingslagern vertrieben, in denen der Ausbruch von Seuchen unter Kontrolle war.
Nach Angaben von Hilfsorganisationen wurden seit Freitag voriger Woche bereits mehr als 50 Fälle von Cholera registriert. "Dort, wo wir aus Sicherheitsgründen nicht helfen können, könnte die Cholera katastrophale Ausmaße annehmen", befürchtet Jaya Murthy, Mitarbeiterin des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen in Goma. Zudem benötigten Helfer von Hilfsorganisationen Nahrungsmittel, Kochgeschirr und Medikamente für Flüchtlinge - sonst drohe eine humanitäre Katastrophe. In dem Chaos haben viele Eltern ihre Kinder verloren. Diese sind von Missbrauch, Gewalt und Zwangsrekrutierung bedroht, so das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
Rebellen finanzieren Kämpfe über Bodenschätze
Die ausgebrochene Gewalt im Osten des Kongo wird von dem Kampf verschiedener Rebellengruppen um den lukrativen Abbau von Mineralien angetrieben, unter anderem Kasserit und Koltan, die über einen langen Weg schließlich in Elektrogeräten und Mobiltelefonen verwendet werden. Mit den Einkünften aus den Geschäften mit dem Bergbau – darunter zählen auch Gold und Diamanten – werden die anhaltenden Kämpfe finanziert. Die Organisation Global Witness in London hat Mitte dieses Jahres in den umkämpften Provinzen Nord- und Süd-Kivu rund um die Stadt Goma recherchiert und dabei festgestellt, dass die bewaffneten Truppen ihre Minengeschäfte in der Region dauerhaft eingerichtet und keinen Grund haben, ihre Stellung aufzugeben.
Nach wie vor ethnischer Konflikt im Kongo
Der Kampf im Osten des afrikanischen Landes wird immer wieder von ethnischen Konflikten angeheizt, die wiederum ihren Ursprung im Völkermord des Jahres 1994 in Ruanda haben, bei dem über 800.000 Tutsi systematisch ermordet wurden.
Der kongolesische Rebellenführer Laurent Nkunda wehrt sich nunmehr seit vier Jahren gegen die Zentralregierung in Kinshasa, weil er seine Volksgruppe nicht ausreichend vertreten sieht. Er müsse die Tutsi-Minderheit vor Übergriffen der Hutu-Milizen aus Ruanda schützen.
Zwar stimmte Nkunda im Januar dieses Jahres einem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand zu, jedoch brachen die Kämpfe im August wieder aus. Der Einfluss Ruandas auf die Tutsi-Rebellen von Laurent Nkunda, deren militärischer Vorstoß am 28. August die Krise ausgelöst hat, ist nicht zu unterschätzen. Die meisten Experten sehen den Kampf um die lukrativen Bergbaugeschäfte als eigentlichen Grund für die Gewalt. Und das Gebiet um Goma gilt als besonders reich an Mineralien. (han)