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Feuerwerk im Internet

5. Juni 2009

Der Satz eines chinesischen Bloggers wurde innerhalb kürzester Zeit auf Tausenden Internetseiten verbreitet. In Bonn hatte Wang Hengjun die Bloggerszene Chinas mit den Protesten auf dem Tiananmen-Platz 1989 verglichen.

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Yang Hengjun auf dem Global Media ForumBild: DW

"Jeder Blogger ist heute eine Art Tiananmen-Platz“ – dieser Satz des chinesischen Bloggers Yang Hengjun am 3. Juni auf dem Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn hat nach Aussagen des chinesischen Journalisten Shi Ming "im Internet ein wahres Feuerwerk ausgelöst“. Innerhalb von 24 Stunden hätten – sehe man von China ab – weltweit fast 7000 URLs in mehreren Sprachen diese Äußerung zitiert. In zahllosen Foren werde darüber diskutiert, gepostet und getwittert. Es sei äußerst selten, dass eine in Europa gemachte Äußerung zu China ein so breites Echo im Internet finde, "sowohl was die Geschwindigkeit als auch was die Verbreitung betrifft“. Dies sei allenfalls vergleichbar mit den Reaktionen auf den Fackellauf im vergangenen Jahr, so Shi Ming. Yang Hengjun sei von dem Echo auf seine Äußerungen selbst überrascht, Freunde und Blogger aus der ganzen Welt hätten ihn daraufhin angeschrieben.

"Nationales Intranet"

In der VR China selbst sei das Echo im Internet weit weniger offensichtlich. Shi Ming: "Der 20. Jahrestag der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz ist in der Volksrepublik ein Tabu-Thema.“ Jede Beschäftigung damit, etwa in einem Blog, sei aufgrund der scharfen Zensur äußerst gefährlich. "Das Internet in China ist zum nationalen Intranet verkommen“, so Shi Ming.

Internet Boom in China
"Kommunizierende Systeme"Bild: AP

Und doch führe dies bei Bloggern in China selbst keineswegs zu Sprachlosigkeit. Shi Ming: "Sie praktizieren rund um den Jahrestag genau das, was Yang Hengjun in Bonn gesagt hat: Jeder Blog in China ist ein kleiner Protestplatz.“ Politisch aktive Kräfte nähmen den Jahrestag zum Anlass, neue technische Tricks und sprachliche Codes zu entwickeln, um das Massaker trotz der möglichen Repressalien zu thematisieren. So hätten chinesische Blogger zum Beispiel das Datum "35. Mai“ eingeführt. Zähle man die kalendarisch nicht existierenden Tage weiter, komme man genau auf den Jahrestag des Massakers am 4. Juni. Binnen weniger Stunden seien zahlreiche innerchinesische Diskussionsforen "auf diesen Code aufgesprungen“. In verschlüsselten Formulierungen hätten chinesische Diskutanten den Erfolg ihres Codes gefeiert und den Umstand, dass selbst die größte Internetpolizei der Welt überlistet worden sei.

"Korrespondierende Lauffeuer"

Das aktuelle Beispiel, so Shi Ming, sei "hochinteressant auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Internet in der VR China als sozialer Kommunikationsraum. Die Parallelität von zwei Lauffeuern – das eine im westlichen Internet, das andere im chinesischen – korrespondiert und zeigt die potenzielle Kraft einer globalen zivilgesellschaftlichen Kommunikation.“


Autor: Johannes Hoffmann
Redaktion: Mathias Bölinger