Porträt Pyeongchang
4. Juli 2011Der wohl beste Ort,um zu verstehen, was damit gemeint ist, dürfte sicherlich die Sprungschanze im für 71 Millionen US-Dollar errichteten Sports Park sein, der neben dem Sprungstadion auch die bereits fertigen Biathlon- und Langlaufstadien enthält.
Eröffnungsfeier unterm Wasserfall
Blickt man über den Sprung-Anlauf hinunter ins riesige Sprungstadion, dann fällt einem ein gewaltiger Wasserfall auf, der tosend in den Schanzenauslauf stürzt. Hier sollen die Spiele am 9. Februar 2018 vor rund 50 000 Zuschauern eröffnet werden. Der Wasserfall wird dann gefroren und festlich beleuchtet sein.
Doch die Sprunganlage hat ein Problem. Nahezu täglich bläst um die Mittagszeit ein starker Wind in den Sprungpark. "Wir bekommen das bis 2018 hin", erklärt Kim Hyun-ki, bester der eher unterdurchschnittlichen koreanischen Weltcupskispringer. Man wird sich was einfallen lassen müssen, "zum Beispiel ein Nachtspringen", hat Hyun-ki die Lösung gleich selbst parat. Denn da sei der Wind weniger stark, erklärt er und steigt entspannt wieder von der Schanze.
Aus Fehlern gelernt
Der Rest des Sports Park sieht fertig für Olympia aus. Vor allem das Biathlon-Stadion hinterlässt von hoch oben einen guten Eindruck. Doch bei der Biathlon-WM 2009 tobte hier das totale Chaos. Zuschauermangel, null Schnee und ein Organisationschaos, das die Läufer teils auf völlig falsche Streckenabschnitte führte, hinterließ zumindest bei vielen Europäern den Eindruck, dass die Koreaner mit Olympia total überfordert seien. "Alle Kritik war berechtigt" sagt Charm Lee, aus Deutschland stammender Chef der Koreanischen Tourismus- Organisation KTO, Vizepräsident des Skiverbands und einer der Macher der Olympiabewerbung.
Aber man habe aus der Kritik gelernt und seine Hausaufgaben gemacht, ergänzt er schnell. So wie die Koreaner auch aus den zwei gescheiterten Olympiabewerbungen für 2010 und 2014 gelernt haben. "Als die Evaluierungskommission damals hier war, stand noch gar nichts", versucht Charm Lee, der eigentlich Bernhardt Quandt heißt, die Niederlagen zu erklären. "Doch diesmal war alles fertig", erklärt er den Unterschied dieser zu früheren Bewerbungen. Tatsächlich sind 70 Prozent der Sportstätten fertig.
Die Alpen von Asien
Auf der Rückseite des Turms blickt man steil hinunter nach Alpensia Village. Alpensia stehe für "die Alpen von Asien" erklärt Charm Lee und muss bei dem Wortkonstrukt selbst ein wenig schmunzeln. Mit Alpen hat das umliegende Bergpanorama nur wenig zu tun. Die bis zu 1700 Meter hohen Erhebungen erinnern mit ihren bis oben bewaldeten Gipfeln eher an den Schwarzwald.
Für 1,4 Milliarden Dollar haben die Koreaner auf einen ehemaligen Kartoffelacker eine elegante Retortenstadt im Rocky-Mountain-Chalet-Stil mit viel Stein und Türmchen gebaut, wie man es eher in Vail, Aspen oder Whistler erwartet hätte. Während der Spiele werden hier die Sportler, Journalisten und das IOC wohnen. Letzteres selbstverständlich im Luxushotel. 90 Prozent aller Sportler erreichen von hier aus ihre Sportstätten in weniger als 10 Minuten zu Fuß oder per Bus.
Die Bobfahrer schlafen quasi direkt unterhalb des Eiskanals, der erst noch gebaut werden muss. Die Skispringer können von ihren Balkonen aus sehen, ob der Wind ein Springen zulässt. Fünf Minuten brauchen die Alpinen bis zur Talstation des 1450 Meter hohen Dragon Peak. Hier finden auf der bereits Weltcup-erprobten Rainbow-Rennstrecke die Slalom und Riesenslalomrennen statt. Lediglich die Abfahrer, Snowboarder und Freestyler müssen 30 Minuten zu Ihren Wettkampstätten fahren.
Neben "Alpensia" als Schneesportzentrum, werden sämtliche Eis-Medaillen in Gangneung, einem beliebten Badeort am Ost-Meer vergeben. Hier werden Hallen für Eishockey, Curling, Eisschnell- und Eiskunstlauf sowie Shorttrack gebaut. Außerdem ein Athletendorf.
Umweltfreundlich und Nachhaltig
Papier ist geduldig, doch die Pläne für eine Nachnutzung der Sportstätten klingen zumindest gut. In diesem Sommer gibt es so zum Beispiel erneut Mountain-Music-Summer-Festivals, bei denen die bereits bestehenden Stadien als riesige Open-Air-Konzertsäle genutzt werden.
Der Eiskanal wird in einen Wildwasserpark integriert und als Rutschbahn genutzt und die Bäume der Abfahrtsstrecke werden ausgegraben, umgesetzt und später wieder eingepflanzt. "Wir brauchen keine Abfahrtsstrecke", ist die Begründung für diese kostspielige aber durchaus interessante Maßnahme, die Umweltschäden so gering wie möglich zu halten. Im Winter sollen diverse Weltcups regelmäßig hier Station machen.
Und auch bei der Energienutzung will man ganz auf regenerative Energie setzen. Auf den umliegenden Bergen drehen sich hunderte von Windkraftanlagen. Zudem gibt es bereits Solar- und Geothermieanlagen, die ausgebaut werden sollen.
Das Konzept Pyeongchang 2018 liest sich gut und sieht, soweit man es beurteilen, kann auch in der Realität bestens aus. Doch ob alles funktioniert und ob sich dort auch eine Wintersportbegeisterung wie in den Alpen erzeugen lässt, wird man letztendlich erst nach den Spielen 2018 wirklich wissen.
Autor: Taufig Khalil
Redaktion: Wolfgang van Kann