Ex-Präsident Trump in 34 Fällen angeklagt
5. April 2023An diesem Dienstag hatte sich Donald Trump vor dem Gericht in New York eingefunden, um der Verlesung der Anklage beizuwohnen. Ihm werden Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen zur Last gelegt. Der New Yorker Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg kritisierte Trump deutlich: Dieser habe auf diese Weise schädliche Informationen vor der Wählerschaft des Landes verbergen wollen. Es sei ein Verbrechen, sich zu verschwören, um eine Kandidatur mit ungesetzlichen Mitteln voranzubringen, sagte Bragg. "Im Bundesstaat New York sind das Straftaten, egal, wer man ist", sagte Bragg weiter. "Wir können und wir werden ernsthaft kriminelles Verhalten nicht normalisieren."
Nach den Gesetzen des Bundesstaates New York ist die Fälschung von Geschäftsunterlagen eigentlich ein Vergehen mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Es kann zu einem Verbrechen mit einer Strafe von bis zu vier Jahren hochgestuft werden, wenn damit ein anderes Verbrechen gefördert oder vertuscht werden sollte. Dadurch wären theoretisch 136 Jahre Gefängnis möglich. Beobachter und Experten gehen jedoch übereinstimmend davon aus, dass die Strafe sehr viel niedriger ausfallen dürfte, möglicherweise sogar nur eine Geldstrafe verhängt wird.
Trump plädierte jedenfalls erwartungsgemäß vor Gericht in allen ihm zur Last gelegten Fällen auf "nicht schuldig". Zugleich ist er jedoch in eine Vielzahl weiterer juristischer Streitigkeiten verwickelt.
Historische Premiere
Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte vergangene Woche die Anklage gegen den 76-jährigen Republikaner verkündet, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im November 2024 bewirbt. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich in einem Strafverfahren verantworten muss.
Der Hintergrund des Falles: Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 hatte Trump Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen lassen. Sie hatte behauptet, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Eine solche Zahlung an sich ist nicht illegal. Trump wird aber vorgeworfen, diese falsch verbucht zu haben.
Er und andere hätten systematisch versucht, negative Informationen über ihn zu identifizieren, zu kaufen und zu verbergen und so seine Wahlchancen zu erhöhen, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Trump habe große Anstrengungen unternommen, um all das zu verbergen, indem er Dutzende falscher Einträge in Geschäftsunterlagen vorgenommen habe. Unter den kriminellen Aktivitäten, die er zu verdecken versucht habe, seien auch Versuche, gegen Wahlgesetze zu verstoßen.
Anklage bringt Trump Rückenwind für Kandidatur
Trump weist die Vorwürfe als politisch motivierte "Hexenjagd" zurück, mit der sein Sieg bei der Präsidentenwahl 2024 verhindert werden solle. Er hatte bereits vor mehreren Monaten angekündigt, für die Wahl als Bewerber seiner Partei erneut anzutreten. Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung in dem New Yorker Fall könnten Trumps Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur allenfalls in politischer Sicht beeinträchtigen. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexperten betonen.
Seit dem Bekanntwerden der Anklage hat Trump seine Führung vor innerparteilichen Rivalen sogar ausgebaut: Einer am Montag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge wollen nun 48 Prozent der Republikaner ihn als Kandidaten nach 44 Prozent im vergangenen Monat. Der Zweitplatzierte, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, verlor von 30 auf etwa 19 Prozent.
Große Worte aus Florida
Nachdem Donald Trump sich vor und nach der Verlesung der Anklage in New York gar nicht an seine Anhänger oder die Öffentlichkeit gewandt hatte, trat er nach seiner Rückkehr auf sein Anwesen in Mar-a-Lago wieder auf die große Bühne. Mit kämpferischen Worten nahm der ehemalige US-Präsident zu den Vorwürfen Stellung. "Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in Amerika passieren könnte", sagte er vor Anhängern auf seinem Anwesen in Florida.
Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien falsch, politisch motiviert und "eine Beleidigung für unser Land". Mit Blick auf seine erneute Präsidentschaftskandidatur bezeichnete Trump die Vorwürfe gegen ihn als größten Fall von Wahlmanipulation. "Jetzt gibt es eine massive Wahlbeeinflussung in einem nie dagewesenen Ausmaß."
In seiner knapp 30-Minütigen Rede beschuldigte er den New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg, es auf ihn abgesehen zu haben, "bevor er etwas über mich wusste". Auch der Richter, Juan Merchan, hasse ihn. In einem verhalteneren Ton ging Trump auf die verschiedenen Rechtsfälle gegen ihn ein, vom Umgang mit geheimen Dokumenten, die in Mar-a-Lago sichergestellt wurden, bis hin zu dem Verfahren wegen Wahlbeeinflussung im US-Bundesstaat Georgia.
Langwierige Angelegenheit
Das weitere Prozedere nach der Anklageverlesung könnte sich lange hinziehen. Vor einem Prozess gibt es zunächst eine Reihe von Anhörungen und die Möglichkeit, verschiedene Anträge zu stellen. Trumps Anwälte könnten hier versuchen, die Vorgänge zu verzögern und einen Prozess noch zum Platzen zu bringen. Die nächste persönliche Anhörung Trumps ist für den 4. Dezember vorgesehen, der Prozessbeginn für Anfang 2024. Manche Experten rechnen aber eher mit einem Jahr Vorlauf.
Trumps Erscheinen vor Gericht wurde begleitet von großen Sicherheitsvorkehrungen und Demonstrationen seiner Unterstützer wie auch seiner Gegner in unmittelbarer Nähe des Gerichts. Wegen befürchteter Ausschreitungen verstärkte New York die Sicherheitskräfte deutlich. Zunächst blieben die Demonstrationen nahe des Gerichts friedlich.
Trump hatte seine Unterstützer schon vor gut zwei Wochen - angesichts der da bereits drohenden Anklage - zu Protesten aufgerufen. Das weckte Erinnerungen an die gewaltsame Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Wütende Trump-Anhänger hatten damals das Parlamentsgebäude in der US-Hauptstadt Washington gestürmt, um Trumps Ablösung durch den Wahlsieger Joe Biden zu verhindern. Biden hatte die Wahl 2020 gewonnen, doch Trump weigert sich bis heute, seine Niederlage einzugestehen.
mak/wa (dpa, rtr, afp)