Ex-Krankenpfleger gesteht 100 Patientenmorde
30. Oktober 2018Der wegen 100 Morden angeklagte Ex-Krankenpfleger Niels Högel hat am ersten Prozesstag die ihm zu Last gelegten Vorwürfe weitgehend gestanden. Die allgemein gestellte Frage von Richter Sebastian Bührmann, ob die 100 Vorwürfe vom Missbrauch an Patienten bis zur Todesfolge größtenteils zuträfen, beantwortete Högel mit "Ja".
Zuvor war Högel vom Gericht ausführlich zu den Anfängen seines beruflichen Werdegangs und seinen privaten Verhältnissen befragt worden. Um konkrete Tatvorwürfe ging es dabei zunächst nicht, die Richter wollen die Geschehnisse aus der sehr umfangreichen Anklageschrift chronologisch abarbeiten. Der 41-Jährige berichtete, er habe bereits kurz nach dem Berufsstart unter Leistungsdruck gestanden und angefangen, Schmerzmittel zu nehmen. "Es war der Stress." Er hätte bereits damals erkennen müssen, dass die Arbeit nichts für ihn gewesen sei.
Bereits wegen sechs Taten zu lebenslänglich verurteilt
Högel wurde bereits wegen sechs Taten zu lebenslanger Haft verurteilt. Die 100 weiteren mutmaßlichen Morde soll er zwischen 2000 und 2005 an zwei Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst verübt haben. Högel habe aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch gehandelt, sagte Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann in der Anklageverlesung. Er soll Patienten nicht verordnete Medikamente gespritzt haben, die tödliche Komplikationen verursachten. Anschließend versuchte er, seine Opfer wiederzubeleben - was in vielen Fällen misslang. Das Motiv: Langeweile und Geltungssucht vor den Kollegen.
Der Mammutprozess vor der 5. Strafkammer des Gerichts begann mit einer Schweigeminute für die Toten. Für den Prozess sind zunächst Termine bis Mai kommenden Jahres angesetzt, mehr als 120 Angehörige von Opfern beteiligen sich als Nebenkläger an dem Verfahren. Sie kritisieren die zögerlichen Ermittlungen in dem Fall scharf.
Gericht kritisiert Theaterstück über Högel
Das Landgericht übte seinerseits Kritik an einem geplanten Theaterstück über den Prozess gegen Högel. Über den Sinn eines solchen Stückes könne man streiten, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann. "Glücklich ist der Zeitpunkt, in dem das bekannt geworden ist, keinesfalls." Keiner der Nebenkläger habe momentan Interesse, an einem Theaterstück mitzuwirken. Das Staatstheater Oldenburg hatte in der vergangenen Woche ankündigt, die mutmaßliche Klinikmordserie als Theaterstück auf die Bühne bringen zu wollen. Dafür wollen die Akteure den Prozess verfolgen, die Familien der Opfer, Zeugen und Experten befragen.
sti/as (afp, dpa, epd)